Valéry Giscard d'Estaing wehrt sich gegen die Vorwürfe der Reporterin Ann-Kathrin Stracke.

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Paris/Berlin – Frankreichs Ex-Staatschef Valéry Giscard d'Estaing hat erstmals öffentlich zu dem Vorwurf der sexuellen Belästigung Stellung genommen. "Das ist alles grotesk", sagte der 94-Jährige am Mittwochabend dem Radiosender RTL. "Das Groteske verletzt nicht", fügte er hinzu.

Eine Reporterin des deutschen Senders WDR hatte dem früheren Staatsoberhaupt im Mai vorgeworfen, sie sexuell belästigt zu haben. Er habe ihr "nach einem Interview, das ich mit ihm im Dezember 2018 in Paris geführt habe, mehrfach an das Gesäß gefasst", hatte Ann-Kathrin Stracke der Deutschen Presse-Agentur gesagt. Sie bestätigte, Strafanzeige wegen sexueller Belästigung gestellt zu haben. Die Pariser Staatsanwaltschaft hatte daraufhin den Beginn einer Untersuchung bestätigt.

"Jemand, der sich eine Rolle geben will"

Der Ex-Präsident, der 1974 bis 1981 regierte, sagte dem Sender, europäische und französische Medien seien bei dem Fall korrekt gewesen. Der Vorwurf sei eine "Anspielung auf ein Ereignis, das sich vor zwei Jahren ereignet haben soll und das eine Bewegung gewesen sein soll, die keiner in Erinnerung behalten hat". Mit Blick auf Stracke – deren Namen er nicht nannte – sprach er von "jemand, der sich eine Rolle, eine Wichtigkeit geben will, die er offensichtlich nicht hat".

Mitte Mai hatte sein Anwalt Jean-Marc Fédida mitgeteilt, der frühere Staatschef sei "sehr betroffen und verletzt" wegen des Vorwurfs. Der liberale Zentrumspolitiker bildete in den 1970er-Jahren mit dem damaligen deutschen Kanzler Helmut Schmidt (SPD) ein bekanntes deutsch-französisches Duo. Giscard d'Estaing ist bei Veranstaltungen in Paris zu sehen und äußert sich regelmäßig in der Öffentlichkeit, unter anderem zu Europathemen. (APA, 17.6.2020)