Die Grünen machen ihre eigene Pressekonferenz zu den Regierungsvorhaben rund um Transparenz und Korruptionsbekämpfung.

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SPÖ-Verfassungssprecher Jörg Leichtfried glaubt nicht, dass die ÖVP wirklich ein Informationsfreiheitsgesetz will.

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Wien – Werner Kogler hat sich am Donnerstagvormittag eine Auszeit vom Vizekanzlerdasein genommen – und sei es nur für die Dauer einer Pressekonferenz. "Ich stehe da mehr als Bundessprecher der Grünen", sagte Kogler, neben seinen Parteikolleginnen Justizministerin Alma Zadić und Klubobfrau Sigrid Maurer stehend. Denn das Transparenzpaket, das die Grünen hier präsentierten, sei "uns ein besonderes Anliegen als grüne Fraktion in der Regierung" und das Bemühen um die saubere Politik seit Jahren schon grüner Markenkern.

Das ist die eine Erklärung dafür, dass die Grünen hier allein stehen – und die im Regierungsprogramm vereinbarten Vorhaben nicht, wie sonst so oft, gemeinsam mit ihrem türkisen Gegenüber präsentieren. Die andere lautet: Viel Gemeinsamkeit findet bei der Umsetzung der Transparenzreform nicht statt. Über die Initiative zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses, die Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) Anfang Juni startete, sei man "informiert" gewesen, heißt es heute.

Transparenz ab 1. Jänner 2021

Es könnte also der Eindruck entstehen, dass die Volkspartei die Hoheit über das Transparenzthema zu erlangen versuchte. Aus Sicht der Grünen ergibt es demnach Sinn, dass Kogler bald nach Edtstadlers Initiative nachgelegt und ein umfassenderes Paket inklusive Anti-Korruptions-Bestimmungen gefordert hat. Um genau das Gleiche dann am Donnerstag, an der Seite von Zadić und Maurer, noch einmal zu tun.

Die Grünen wollen also zeigen, dass sie es ernst meinen: Spätestens am 1. Jänner 2021 müssten alle Reformen in Kraft treten. Das Amtsgeheimnis soll durch ein Informationsfreiheitsgesetz ersetzt worden sein. Außerdem verlangt Justizministerin Zadić ein Antikorruptionspaket, das ein Verbot von Mandatskauf und eine Lex Ibiza beinhaltet – also Konsequenzen, wenn der Bewerber für ein Regierungsamt (wie Heinz-Christian Strache) für die Zukunft Illegales verspricht.

Seitenhieb gegen die ÖVP

Maurer verspricht, die Prüfrechte des Rechnungshofs zu stärken, inklusive Einschaurecht in die Parteikassen. Bei Parteispenden soll umfassende Transparenz hergestellt und alle Spenden über 500 Euro veröffentlicht werden. Weitere Verbesserungen sind bei parteinahen Organisationen und Rechenschaftsberichten geplant. Und dass Parteien im Wahlkampf "schamlos doppelt so viel oder noch mehr" ausgeben als erlaubt (Maurer könnte hier den Koalitionspartner meinen), soll durch harte Strafen verhindert werden.

Dass das alles mit der Volkspartei zu machen ist, da sind die Grünen zuversichtlich. "Wir sind bestens abgestimmt mit dem Koalitionspartner", sagt Zadić. Mit Edtstadler sei sie "tagtäglich im Austausch". Dass die Türkisen etwa dem Informationsfreiheitsgesetz in den Verhandlungen noch die Zähne ziehen könnten, glaubt sie nicht: Die Ausnahmen von der Auskunftspflicht seien im Regierungsprogramm festgeschrieben, "an diesen Ausnahmen wird man sich orientieren", sagt die Justizministerin.

Zweidrittelmehrheit erforderlich

Als der größere Stolperstein könnte sich die Opposition erweisen: Denn für viele der geplanten Maßnahmen braucht Türkis-Grün eine Zweidrittelmehrheit im Parlament – also die Zustimmung von SPÖ oder FPÖ. "Ich tippe mal darauf, dass eher die Sozialdemokratie der relevantere Partner im Bereich der Korruptionsbekämpfung sein wird", sagt Maurer. Kogler geht jedenfalls – durchaus optimistisch – nicht davon aus, dass beide Parteien hier noch auf der Bremse stehen können, "weil die entsprechende Oppositionspartei das zu rechtfertigen haben wird".

Leichtfried: "Glaube es erst, wenn's im Bundesgesetzblatt steht"

Der rote Verfassungssprecher und Vizeklubchef Jörg Leichtfried sagt zum Zielzeitpunkt 2021, das könne er sich vorstellen, "wenn vernünftige Vorschläge kommen". Er sei aber von der Initiative überrascht, weil die SPÖ selbst erst im April einen entsprechenden Antrag im Verfassungsausschuss eingebracht hat – der von Türkis und Grün vertagt wurde. Bei der Informationspflicht wünscht sich Leichtfried kurze Fristen, zwei Wochen müssten reichen.

Er sieht den Widerstand gegen die Abschaffung des Amtsgeheimnisses jedenfalls nicht in der Opposition: "Die ÖVP will eigentlich kein Informationsfreiheitsgesetz", behauptet Leichtfried. Er habe da in den vergangenen Jahren seine Erfahrungen gemacht. "Ich glaub erst, dass so was kommt, wenn's im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird." (Sebastian Fellner, 18.6.2020)