Große Schritte oder Veränderungen – wie Umzüge – sind in der unsicheren Zeit nach dem Lockdown ein Risiko.

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Ich würde gerne umziehen. Dieser Gedanke schwirrt mir nun seit einigen Monaten im Kopf herum. Er entstand zwar nicht durch die Pandemie, wurde davon aber sicherlich bestärkt. Denn langsam, aber sicher ist die Studenten-Zeit vorbei, die Masterarbeit so gut wie abgegeben. Das bedeutet, dass nach sechs Jahren, in denen der Fokus häufig bis immer auf der brotlosen Tätigkeit des Studierens lag, nun endlich eine Zeit anbricht, in der ich mich aufs Arbeiten und damit aufs Geldverdienen konzentrieren kann.

Doch gerade jetzt fühle ich mich so planungsunfähig wie noch nie zuvor. Der Corona-Lockdown hat mir gezeigt, dass ich raus möchte aus meiner kleinen Einzimmerwohnung, endlich mal ein zweites Zimmer möchte, um nicht mehr im gleichen Raum arbeiten und schlafen zu müssen. Aber wer sagt denn, dass ich mir die natürlich teurere Zweizimmerwohnung in einem halben Jahr noch leisten kann? Wer versichert mir denn, dass ich in einem halben Jahr nicht zurück zu meinen Eltern ziehen und dort auch wieder mit einem Zimmer zurechtkommen muss, wobei ich mir das Badezimmer noch mit zwei etwas in die Jahre gekommenen Mitbewohnern teilen muss?

Meckern auf hohem Niveau

Für viele in meinem Alter, die gerade aus dem Studium kommen und ins Arbeitsleben starten wollen, bricht jetzt eine Zeit der absoluten Planungsunsicherheit an. Ich habe es ja noch gut, ich habe eine Anstellung. Mit meinen Kommilitonen, die mit dem frisch erworbenen Titel auf Arbeitssuche gehen, will ich nicht tauschen.

Deswegen ist das alles hier auch Meckern auf hohem Niveau. Der große Schritt, der uns nach dem Studium immer versprochen wurde, bleibt vorerst also aus. Immerhin muss ich dann in meinem Zimmer nicht mehr lernen. Vorausgesetzt, ich bestehe die Abschlussprüfung. (Thorben Pollerhof, 19.06.2020)