"Auf dich wartet ein guter Sommer" lässt die Österreich Werbung Eingeborene und Deutsche heuer wissen. Digital, übers Radio und im Patschenkino per regierungsfinanzierter, 40 Millionen Euro teurer Kampagne für den Urlaub von Deutschen und Österreichern in Österreich.

Eine wichtige Information zur rechten Zeit, ist man sofort geneigt, beizupflichten. Sonst hätten zumindest die Österreicher am Ende noch gemeint, es dräue ein Sommer der mauen Möglichkeiten. Im Gegensatz zu den mit vielen Reisefreiheiten ausgestatteten Deutschen bleiben nämlich die Österreicher eher im undurchdringlichen Paragrafendschungel aus Reisewarnungen fürs Ausland im Inland stecken, als dass sie nur nach Lignano zum Baden führen. Aber schauen wir uns doch zunächst einmal die stringente Bildsprache dieser Kampagne an, ehe wir über mangelnde Artenvielfalt unter den "behördlich erwünschten Reisezielen" granteln.

Heimische Heidi-Illusion

Auf einem Sujet ist eine hochalpine Almlandschaft mit Wanderern zu sehen, wie sie durch comichaft knallige Farben latschen, die laut "Heidi" schreien. Manche werden sich da die Frage stellen: Kann man also heuer zum Urlaub in Österreich gedrängt werden und sich dennoch der Illusion hingeben, es zumindest bis in die Schweiz geschafft zu haben?

Auf einem anderen Werbebild ist ein nicht näher definiertes Oberflächengewässer erkennbar, in dem ein schwimmender Vater huckepack seinen Sohn transportiert. Sieht ein wenig anstrengend aus, irgendwie aber auch sehr idyllisch. Die Sache ist nur: Eingeborene bekommen dieses Bild gar nicht zu sehen, die Werbung ist ausschließlich für den deutschen Markt bestimmt.

Von 261 heimischen geprüften Badestellen wurde fast allen "ausgezeichnete Wasserqualität" bescheinigt.
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Da drängt sich neben der Frage, warum es sicherer ist, wenn Deutsche "deutsche Viren" nach Österreicher importieren, Österreicher aber daheimbleiben sollen, damit sie "einheimische Viren" nur im Binnenmarkt weitergeben, noch eine weitere auf: Sind österreichische Binnengewässer etwa nicht genug für die Österreicher?

Europäischer Süßwasserkaiser

Erst vor einer Woche hat sich Österreich im jährlichen EU-Ranking der Badegewässer von Platz drei auf Platz zwei verbessert. Noch sauberer sind nur Zyperns Gewässer. Rechnet man jetzt noch das Meerwasser ab, über das Österreich nun einmal nicht verfügt, belegt Österreich sogar den ersten Platz im Ranking. Oder anders formuliert: Wir sind der Schwimmsüßwasserkaiser Europas.

Von den rund 250.000 stehenden Gewässern mit mehr als 250 Quadratmeter Fläche sind aktuell 261 als "EU-Badegewässer" definiert. Diese wurden auch im Ranking bewertet. Da wir heuer alle dem Meer fernbleiben sollen, sind nur noch zwei Fragen offen für die heurige Badesaison: Welche heimische Gewässer, die sie vielleicht noch nicht kennen, taugen als Meerersatz? Und – deutlich wichtiger – welcher Badeseetyp sind Sie überhaupt?

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Der silhouttenbetonte Selbstdarsteller

"An der Copacabana und am Wörthersee – starke Männer sind nie passé", heißt bei den Profipolemikern der Ersten Allgemeinen Verunsicherung. Wer die Bestimmung von beschwimmbarem Süßwasser nur darin sieht, köperbetont an dessen Ufern gesehen zu werden, wird vermutlich an diesen Gestaden glücklich:

  • Eine Zipline über Wasser, die Autodisco am Ufer und der lange Badesteg, vom dem gern kunstvoll ins Wasser gehupft wird, bieten ausreichend Örtlichkeiten zum Posen am Badesee Greifenburg; Kärnten / Greifenburg
  • Der Putterersee in der Obersteiermark wird nicht nur regelmäßig durch die extravagante Sprungturmkonstruktion zur Bühne für Körperkult, sondern auch in seinem Uferstüberl und Szenelokal "Bar-Bistrot Loch Ness"; Steiermark / Aigen im Ennstal
  • Die Feldkirchner Badeseen, 20 Autominuten von Linz entfernt, sind im doppelten Sinn Baggerseen. Manche scheinen viel Zeit in der lässigen Strandbar damit zu verbringen, den Mindestabstand zum anderen Geschlecht stetig kleiner werden zu lassen; Oberösterreich / Feldkirchen an der Donau, Goldwörth
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Der unfreiweillige Strandersetzer

Unter Österreichs gängigsten Meerersatzprodukten gibt es leider kaum Überraschungen: Es sind dies der grenzenlose Bodensee, der selten pazifikblaue Neusiedlersee und der Flächenprimus Attersee. Hier könnten sich zum Österreich-Urlaub verdonnerte Strandläufer aber auch wohlfühlen:

  • Die Liegeplätze am Donau-Altarm Weitenegg sind zwar recht grün und grasig für ein Adria-Plagiat, die Form der Lagune erinnert aber ein wenig an venezianische Ufer. Algenbildung ist wegen der niedrigen Wassertemperatur aber fast ausgeschlossen: Niederösterreich / Leiben
  • Der Steinbrunner See hat dagegen alle Zutaten für die perfekte Caorle-Illusion: Die Ufer sind da und dort feinsandig, in zweiter Reihe dicht bebaut, im seichten Wasser toben die Kinder mit ihren Schwimmwürsten; Burgenland, Niederösterreich / Steinbrunn
  • Der Harrbergsee am Tennengebirge ist besser für Kroatien-Verwechsler geeignet: Das türkise Wasser und die karstige Winnetou-Gebirgskulisse im Hintergrund sprechen für diese Ähnlichkeit, die Bocciabahn aber eher für unerwartet italienische Verhältnisse; Salzburg / Scheffau
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Der bewegungshungrige Oberflächenwasserbezwinger

Zwischen Reden und Tun liegt das Meer – das gilt wohl nicht für jene, die Badeseen als nasse Sportplätze betrachten.

  • Der Tiroler Walchsee ist in Privatbesitz. Selbst wenn man sich an dessen Ufer gar nicht bewegt, muss man Eintritt bezahlen. Also bezwingen ihn die meisten Besucher lieber gleich mit einem Sportgerät wie den populären Stand-Up-Paddles, die man dort mieten kann; Tirol / Walchsee
  • Nun ist es zwar so, dass der Hallstättersee knapp am Geheimtipp vorbeischrammt. Wer ihn allerdings mit dem Kajak befährt, ist dort oft mutterseelenallein unterwegs; OÖ / Bad Goisern
  • Bewegungstalente sind auch am Bergwerksee im nördlichen Waldviertel häufig anzutreffen. Sie toben sich auf dem Beachvolleyplatz aus, beim Wasserskifahren oder beim jährlich Halt machenden internationalen Triathlon; NÖ / Langau
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Der geheimtippverliebte Landschaftsliebhaber

Für immer mehr Menschen müssen heimische Gewässer nicht bade-, sondern instagramtauglich sein. Auf der Plattform sind sie dann "meistgeklickte Geheimtipps". Reinspringen? Lieber nicht. Kann man aber bei diesen Exemplaren:

  • Der Lünersee am Fuße der Schesaplana ist zwar ein Stausee, aber wegen seiner intesiv blauen Färbung ein besonders fotogener. Obwohl er auf fast 2000 Meter Seehöhe liegt, erreicht er bis zu 23 Grad; Vorarlberg / Vandans
  • Der Hechtsee bei Kufstein ist im frühen Herbst am feschesten. Dann machen die bewaldeten Ufer auf "Indian Summer", man bekommt wieder ein Platzerl auf den schönen Stegen, und die Chancen stehen gut, dass er noch angenehme 24 Grad hat; Tirol / Kufstein
  • Die Langbathseen im Salzkammergut haben alles, was man gerne auf Instagram anschaut: glasklares Wasser, eine Gebirgskulisse, die sich darin spiegelt und bildschöne Platzerl für Selfies wie das ehemalige Jagdhaus von Kaiser Franz Joseph – manchmal erreicht er sogar 25 Grad; OÖ / Ebensee (Sascha Aumüller, 19.6.2020)