Der in Ungarn geborene österreichische Komponist Ivan Eröd verstarb vergangenes Jahr 83-jährig in Wien.

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Hell erleuchtet strahlt der Gläserne Saal, doch was da klingt, ist über weite Strecken schmerzlich und düster. Die Uraufführung des Auftragswerks eines Komponisten, der seit fast einem Jahr nicht mehr unter den Lebenden weilt – allein das mutet schon berührend an.

Für sein letztes abgeschlossenes Werk Canti di un Ottantenne – Gesänge eines Achtzigjährigen hatte Iván Eröd dunkle, traurige und vieldeutige Gedichte von Giuseppe Ungaretti gewählt und seine musikalische Sprache – für gewöhnlich eher heiter und musikantisch grundiert – ins Dramatische bis Tragische gewandelt. Fokussiert, konzentriert und ausdrucksintensiv, doch mit geradezu erschütternder, abgeklärter Souveränität sang diese letzte Novität ausgerechnet Adrian Eröd.

Wienerisch und spontan

Im Programmheft schreibt der Sohn des Komponisten, sein Vater habe die Arbeit zweier Jahre in eine neue Oper gesteckt, bis "die neue Leitung des Opernhauses den Auftrag wieder zurückzog und ihm die größte Enttäuschung – und in seinen Augen Demütigung – seiner beruflichen Karriere zufügte."

Noch am Vorabend seines Todes habe der Komponist kleine Korrekturen eingearbeitet – auch diese Information gab der Uraufführung zusätzliche Brisanz.

Das Artis-Quartett begleitete den Bariton hingebungsvoll-zurückhaltend – und schöpfte bei den beiden anderen Stücken des Abends aus dem Vollen: Bei Mozarts C-Dur-Streichquartett KV 465 ("Dissonanzenquartett") fanden die Musiker zu einer idealen Verbindung eines wienerisch geprägten, spontan wirkenden Musikantentums mit akzentuierter, prägnanter Gestaltung. Zemlinskys 4. Streichquartett spielte das Quartett hochexpressiv und brillant – eine überzeugende Fürsprache für einen zu Unrecht wenig gespielten Repräsentanten einer kompositionstechnisch moderaten, doch in ihren Ausdrucksextremen kompromisslosen Moderne. (Daniel Ender, 19.6.2020)