1. Die Besonnene

Nichts übertreiben, vorsichtig bleiben, sagt Stefanie Aniwanter vom Hotel "Die Forelle" in Millstatt. Dann geht’s aufwärts.
Foto: „Hotel am See Die Forelle“

Die Sprachlosigkeit, die sich bei ihr nach der behördlich verordneten Schließung des Hotels eingestellt hat, ist gewichen. Der Schock sitze aber immer noch, wenn auch nicht so tief wie bei ihren Eltern, sagt Stefanie Aniwanter. Die Kärntnerin hat vor zwei Jahren den elterlichen Betrieb in Millstatt übernommen, einiges umbauen lassen und wollte heuer mit dem Vier-Sterne-Hotel Die Forelle kräftig durchstarten. Dann kamen das Virus, der Lockdown und die Kurzarbeit.

"Ich war doppelt betroffen. Mein knapp zweijähriger Sohn konnte plötzlich nicht mehr in den Kindergarten gehen, und das Kindermädchen war in Kurzarbeit – eine ganz schöne Herausforderung, mit einem Kleinkind am Bein die ganzen bürokratischen Sachen machen", erinnert sich Aniwanter zurück. Ab Ostern habe es erste Lichtblicke gegeben: Anrufer, die nicht nur stornieren wollten, sondern motiviert hätten und nachgefragt, wie es weitergehe. "Wussten wir damals selbst noch nicht", sagt Aniwanter, "der Zuspruch hat aber gutgetan."

Als sich dann abzuzeichnen begann, dass die Geschäfte wieder aufsperren dürfen, habe man gewusst, "es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch wir dürfen". Dann habe man sich im Haus, das 49 Zimmer und 114 Betten hat, intensiv mit den Themen Hygiene und Sicherheit beschäftigt. Und natürlich, Kontakt gehalten mit den vielen Stammgästen – auf allen Kanälen, entweder telefonisch, über die Homepage oder mittels Newsletter.

Seit Anfang Juni seien alle Mitarbeiter wieder zurück aus der Kurzarbeit. "Pfingsten haben wir aufgesperrt, am Fronleichnamswochenende waren wir erstmals wieder voll ausgebucht", sagt Aniwanter. Erst in der Vorwoche habe man zusätzlich zu den rund 25 Stammmitarbeitern weiteres Personal aufgenommen und halte jetzt bei knapp 35.

Gerade im Juni habe man sehr viele neue Gäste gewinnen können, ausschließlich aus Österreich; seit der Grenzöffnung kämen jetzt auch wieder Gäste aus Deutschland, wobei diese wegen der in einzelnen Bundesländern teilweise noch strengeren Maßnahmen noch ziemlich verunsichert seien. "Der österreichische Gast geht schon viel entspannter mit Urlaub um", hat Aniwanter festgestellt. Sie warnt aber, das Virus auf die leichte Schulter und die Vorsichtsmaßnahmen nicht mehr so ernst zu nehmen.

Seit die Maskenpflicht gefallen ist, scheine auch die Hemmschwelle gesunken zu sein. "Was vor 14 Tagen noch anstandslos akzeptiert wurde, etwa Voranmeldung beim Besuch der Sauna, um Gedränge zu verhindern, da wird jetzt teilweise schon gemurrt", sagt Aniwanter. Der Markt sei extrem sensibel und könne sehr schnell kippen, wenn irgendwo in der Branche ein Corona-Fall auftritt.

Alle Mitarbeiter in der "Forelle" tragen eine Maske, geschneidert von einer gemeinnützigen Organisation in der Region aus einem speziellen Stoff, der gut atmen lässt – nicht nur aus Pflicht, sondern auch als Erinnerung, vorsichtig zu bleiben.


2. Der Abwartende

Er muss noch warten auf die ersten Gäste. Als Betreiber des Jugendhotels Saringgut in Wagrain ist David Kramer stark von Schülerreisen abhängig.
Foto: Jugendhotel Saringgut

Im Mai und Juni hatte eine Vielzahl österreichischer Schulen im Jugendhotel Saringgut in Wagrain Zimmer reserviert. David Kramer, Eigentümer und Betreiber des Hauses in dritter Generation, hatte fix mit ihnen gerechnet. Dann wurden die Schulen vom Unterrichtsministerium angehalten, bis Ende des Schuljahres alles abzusagen.

"Die ersten Gäste haben wir voraussichtlich wieder am 10. Juli im Haus, da haben sich Gruppen aus Deutschland angemeldet", sagt Kramer. Normalerweise gehe das Geschäft sehr gut. "Vor der Stornowelle waren wir an sich den ganzen Sommer ausgebucht. Nun ist für Juli, August und September nicht einmal mehr die Hälfte von dem da, was ursprünglich gebucht war."

Bei Vollbelegung sind im Saringgut, das Kramers Großeltern 1950 als erste Jugendherberge weit und breit mit 30 Betten und Schulen aus Salzburg Stadt gestartet haben, 15 Personen beschäftigt. Jetzt sind es fünf Mitarbeiter, alle in Kurzarbeit. "Eine größere Besetzung lässt die Belegung ab Juli nicht zu", sagt Kramer. Kurzfristig kommt bei uns kaum etwas rein, die meisten Schulen oder Gruppen reservieren am Abreisetag für nächstes Jahr. Wir haben schon 30- und auch 40-Jahr-Jubiläen bei uns gefeiert."

Gerade beim Kernpersonal wie Abteilungsleiter, Küchencrew sei es wichtig, dass die bleiben. So gesehen sei die Kurzarbeit "eine feine Sache". Keine Maßnahme der Regierung sei für sich genommen besonders groß oder stark, in Summe aber schon eine Hilfe. "Da ein bisschen Kurzarbeit, ein bisschen Fixkostenzuschuss und Stornogeld, das das Ministerium für die Schulen übernommen hat – es wird uns geholfen", sagt Kramer.

Im Haus selbst habe man nun besonderes Augenmerk auf Hygiene gelegt. Das betreffe alle öffentlichen Bereiche wie den Speisesaal, wo etwa beim Buffet Desinfektionsspender aufgestellt wurden, genauso wie auf jedem Stockwerk. Zudem habe man sich Tipps von einem Hygieneberater geholt, wie man laufend beanspruchte Flächen optimal desinfizieren kann. Für den Geschirrspüler gibt es Extra-Tabs mit desinfizierender Wirkung auf das Geschirr.

Wann die 180 Plätze im Haus wieder voll belegt sein werden, lasse sich schwer prognostizieren, sagt Kramer: "Wir waren optimistisch für diesen Winter, bekommen nun aber Mails von langjährigen Stammkunden, Schulen aus Bayern, die schreiben, dass ihnen das Kultusministerium zu besonderer Vorsicht rät. Es gibt große Unsicherheit."


3. Der Optimist

Werner Mitterdorfer hat aufgeatmet, als die Grenze zu Italien geöffnet wurde. Er vermietet in Osttirol Ferienapartments.
Foto: Mitterdorfer

Er war gut gebucht, rechnete mit einer Super-Sommersaison, bis das Corona-Virus kam. Seither ist alles etwas anders, wenn auch nicht hoffnungslos. Werner Mitterdorfer betreibt in Abfaltersbach in Osttirol, 13 Kilometer von der Staatsgrenze nach Italien entfernt, die Residence Mitterdorfer. In vier Apartments haben bei Vollbelegung 16 Personen Platz.

"Von Anfang des Lockdowns bis Ende März haben alle storniert, die für den Sommer gebucht hatten. Das war schon ein komisches Gefühl," sagt Mitterdorfer. Anfang Mai hätten dann interessanterweise zwei Familien aus Italien für August gebucht. "Ehrlich gesagt hatten wir gar keine so große Freude, weil wir nicht wussten, wie das mit der Grenze sein würde und wir für die Zeit um Ferragosto sowieso immer die meisten Anfragen haben. Interessant auch: Keine Anfragen von Gästen aus Deutschland und auch keine aus Österreich – damals."

Inzwischen ist die Grenze zwischen dem osttiroler und südtiroler Teil des Pustertals wieder in beiden Richtungen frei passierbar, was nach vielen Wochen der Sperre schon toll sei, sagt Mittedorfer. Langsam komme wieder Leben ins Tal, auch wenn es am vorbeiführenden Radweg von Innichen/San Candido nach Lienz noch beschaulich zugehe. Das liege aber auch daran, dass die Bahn noch nicht fährt, die die Radler samt Bike wieder von Lienz zurück nach Südtirol bringt – eine Frage der Zeit.

Charme der Massivholzmöbel

Als Reaktion auf die Krise, der Verunsicherung und der Angst der Gäste vor einer zweiten Infektionswelle habe man im Direktbucherbereich die Stornobedingungen gelockert. "Das heißt, wenn man direkt bei uns bucht, kann man bis zu drei Tage vor Urlaubsbeginn kostenlos stornieren. Bei den Portalen, auf denen wir auch präsent sind, haben wir nichts geändert," sagt Mitterdorfer.

Als Zimmervermieter gibt es die Mitterdorfers seit Anfang der 1960er Jahre. "Oma und Opa haben das schon gemacht, vorher noch mit Bauernhof und À la carte-Küche, mit viel Zimmern auf engstem Raum und Etagendusche, wie das früher halt üblich war," erzählt Mitterdorfer von der Pionierzeit. "2013 haben wir renoviert, alles umgebaut auf Chalet-Charakter, haben die alten Tram (Holzbalken; Anm.) freigelegt. Da ist alles echt, mit Massivholzmöbeln, das hat einen romantischen Touch und kommt gerade bei Italienern sehr gut an."


4. Der Internationale

Dieter Fenz, Direktor des Vienna Marriott, wäre mit40 Prozent Auslastung bis Jahresende schon mehr als zufrieden. Dazu müsste aber noch einiges geschehen.
Foto: Marriott / Herbert Lehmann

Niemand hat so schwer unter den Folgen des Corona-Lockdowns zu leiden wie die Stadthotellerie. Mittendrin: Dieter Fenz. Als Generaldirektor des Vienna Marriott hat der gebürtige Mistelbacher viele Höhen und Tiefen des zur gleichnamigen US-Hotelkette gehörenden Hauses an der Wiener Ringstraße miterlebt. So etwas wie jetzt ist aber auch für ihn neu, inklusive Kurzarbeit, in der sich alle rund 240 Beschäftigte seit Mai befinden.

"Am Sonntag, 15. März, hatten wir noch einen Brunch, nachher haben wir zugesperrt. Ein paar Gäste waren noch im Haus. Die haben das verstanden", erinnert sich Fenz im STANDARD-Gespräch. Neu gestartet wurde am 15. Mai, wenn auch auf sehr niedrigem Niveau.

"Für uns hat es Sinn gemacht, gleich bei erster Gelegenheit wieder aufzusperren, weil wir in der Gastronomie einen starken Wien-Anteil haben. Fast 80 Prozent unseres Geschäfts vor Corona ist aus dem lokalen Markt gekommen", erklärt Fenz. Diesen Sonntag sei der Brunch wieder ausgebucht. "Die Sitzplatzkapazitäten mussten wir natürlich reduzieren, Abstände vergrößern. Statt 170 gibt es in der Champions Bar nur noch 100 Sitzplätze. Das Gleiche gilt für Restaurant, Garten-Café und andere Bereiche."

Anders, nämlich düster, sei es um die Zimmer bestellt. "Wir haben am 29. Mai den Hotelbetrieb wieder aufgenommen; seither haben wir eine Belegung von zehn bis 15 Prozent", sagt Fenz. "Weil wir 90 Prozent internationale Gäste haben, sind wir extrem angewiesen auf Flugverbindungen. Wir merken zwar, dass es von Tag zu Tag besser wird, aber eben auf bescheidenem Niveau." Für Juli und August kalkuliere man mit 15 bis 25 Prozent Auslastung, was besser sei als jetzt, aber doch deutlich unter dem vorjährigen Sommerwert von 90 Prozent liege. Wenn man bis Jahresende auf 40 Prozent Auslastung komme, sei dies schon gut.

Das Vienna Marriott werde als Teil einer US-Hotelkette, zu der auch das Imperial, Bristol, Le Meridien und elf weitere Hotels in Österreich gehören, stark von amerikanischen Gästen frequentiert. "Die fallen jetzt total aus", sagt Fenz.

Umso wichtiger seien nun Besucher aus dem Mittleren Osten. "Wir brauchen eine klare Ansage, unter welchen Bedingungen Gäste aus Dubai oder woher auch immer in Österreich einreisen dürfen", sagt Fenz an die Adresse der Politik gerichtet. "Die haben kein Problem, 200 oder 300 Euro für ein ärztliches Attest zu zahlen. Was sie brauchen, ist Sicherheit, dass sie nicht in Quarantäne müssen, wenn sie nach Österreich kommen."

Am Mund-Nasen-Schutz für seine Mitarbeiter will Fenz festhalten, auch wenn die Maskenpflicht fallen sollte. Bei den ohnehin hohen Hygienestandards im Haus hat man nochmals nachgebessert. (Günther Strobl, 20.6.2020)