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Treuherzig blickt er von der Verpackung, stets bereit, neue Aufträge zu übernehmen. Schwarzes Gesicht, weißes Haar, weißes Hemd, schwarze Fliege – wie es sich für einen Bediensteten der Upperclass gehört: Uncle Ben steht für runden oder langen Reis, wild oder zahm, lose oder im Beutel. Weiße Firma, schwarzes Logo – Grauschattierungen sind bei der weltbekannten Lebensmittelmarke des Konzerns Mars nicht erwünscht.

Auch der Zusatz Onkel kommt nicht von ungefähr. Die Anrede Uncle und Aunt (Tante) stammt aus einer Zeit, als Schwarze nicht mit Mr. oder Mrs. angesprochen wurden. Das hätte sie auf eine Stufe mit Weißen gehoben.

Seit die Rassismus-Debatte nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd Ende Mai in Minneapolis wieder ordentlich Fahrt aufgenommen hat, Tausende auf die Straße gehen, wird auch die in der Symbolik versteckte Diskriminierung von Minderheiten thematisiert. Mars kündigte vergangene Woche an, dass Uncle Ben’s überdacht wird. Ob es mehr als ein Facelifting wird, ist derzeit nicht bekannt. Wie der neue Markenauftritt aussehen wird und wann er kommt, sei noch offen, teilte das Unternehmen mit.

Aunt Jemima geht

Doch es dürfte einiges in Bewegung kommen. Fix der Vergangenheit angehören soll Aunt Jemima, die von Verpackungen für Palatschinkenmischungen und anderen Fertiggerichte für den Frühstückstisch lächelt. Die Marke einer Pepsi-Tochter beruhe auf einem rassistischen Stereotyp, gab sich eine Konzernmanagerin einsichtig. Das Abbild der freundlichen, schwarzen Tante soll noch heuer von den Produkten verschwinden.

Offen bleibt, ob derartige Veränderungen Ausdruck echter Überzeugung sind. Vielfach schwingt die Sorge mit, dass eine Marke wegen angreifbarer Anmutung zur Zielscheibe der Protestbewegung wird.

Aunt Jemima ist bald Geschichte.
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Wie auch immer: Auch in Europa lebt die Debatte über entsprechende Sujets immer wieder auf. Manche Unternehmen verwarfen ihre Marken, andere passten sie an, andere ließen sich von den Diskussionen nicht beeindrucken. Für Schlagzeilen sorgte regelmäßig das Grazer Geschäft Gummineger, in dem Schaumstoffbezüge für Sofas und andere Spezialitäten erhältlich waren. Vor zwei Jahren ging der Inhaber in Pension. Meinl hat hingegen reagiert. Der Mohr als Firmenlogo wurde nach dem Ersten Weltkrieg als Symbol kreiert, das auf Kaffeekultur und Türkenbelagerung Bezug nehmen soll.

Viele Unternehmen setzen auf Klischees.

2004 gestaltete der Designer Matteo Thun das Bild um, weil Meinl darin eine stereotype Menschendarstellung sah. Man machte aus Schwarz Rot und veränderte auch den Umriss des Symbols. Der Kopf unter dem Fez soll nun Züge eines Barockengels tragen, wie es von Meinl-Seite heißt: ein Bezug Thuns auf den ersten Höhepunkt der Kaffeehauskultur im Spätbarock. Läuterung oder Kosmetik?

Mohrenbräu grübelt

Ein Unternehmen verzichtet bis heute auf derartige Änderungen, obwohl es dafür in regelmäßigen Abständen gescholten wird. Die Vorarlberger Mohrenbrauerei hat ihre Wurzeln im Jahr 1784: Ein gewisser Josef Mohr eröffnete in Dornbirn ein Wirtshaus mit eigener Brauerei. Das Logo: der Kopf eines Afrikaners mit wulstigen Lippen und krausem Haar. Stereotype, die immer wieder für Kritik sorgten.

Geschäftsführer Heinz Huber wird nicht müde zu betonen, dass die Firmenphilosophie stark auf soziales und kulturelles Engagement ausgerichtet sei und es keine Toleranz für Rassismus gebe. Was ihn beschäftigt: Wo fangen Änderungen an, wo hören sie auf? Würde man etwa das Logo adaptieren, könnte immer noch die Marke Mohrenbräu zum Ziel von Angriffen werden. "Wer ist da der Richter", fragt sich Huber. Dazu komme der Druck der Vorarlberger Kunden, die für eine Abkehr von Mohrenbräu kein Verständnis hätten. Der Mohr hat in Dornbirn seine Schuldigkeit noch nicht getan. Und muss bleiben. (Andreas Schnauder, 21.6.2020)