Andrej Babišin Brüssel.

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Brüssel – Das EU-Parlament fordert, dass der tschechische Premier und Multimilliardär Andrej Babiš wegen möglicher Interessenskonflikte nicht mehr über den EU-Haushalt verhandeln sollte. Sollten sich diese bestätigen, müsse Babiš entweder zurücktreten, seine Geschäftsanteile verkaufen oder dürfe keine öffentlichen Gelder mehr erhalten, hieß es in einer am Freitag mit großer Mehrheit angenommenen Resolution.

Die Europaabgeordneten forderten die EU-Kommission auf, einen Kontrollmechanismus einzurichten, um Interessenskonflikte bei der Vergabe von EU-Mitteln in den Mitgliedstaaten von vornherein zu vermeiden oder stärker anzugehen. Es müsse eine Null-Toleranz-Politik geben, so das EU-Parlament.

Unternehmer und Politiker

Babiš wird seit langem vorgeworfen, er stehe als Unternehmer und Politiker in einem unüberbrückbaren Interessenskonflikt. Er selbst argumentiert, seine Geschäftsaktivitäten an eine Treuhand übertragen zu haben. Babiš nahm am Freitag am Videogipfel zum EU-Konjunkturprogramm und zum mehrjährigen EU-Finanzrahmen mit den Staats- und Regierungschefs teil.

Das Europaparlament forderte, dass es eine Möglichkeit geben müsse, EU-Mittel auch wieder einziehen zu können, sollte sich ein Interessenkonflikt bestätigen. In dem Papier, das keine rechtlichen Folgen hat, verurteilten die EU-Parlamentarier auch die "Hetze" vonseiten Babiš' gegen Mitglieder des Haushaltskontrollausschusses. Eine Ausschussdelegation war Ende Februar nach Tschechien gereist, um dort Gespräche mit Regierungsvertretern, Journalisten und Vertretern der Zivilgesellschaft zu führen. Babiš reagierte auf den Besuch mit persönlichen Anfeindungen. Mitglieder der Delegation berichteten von massiven Drohungen.

"Solch ein Vorgehen ist inakzeptabel. Mit dieser Resolution zeigen wir, dass wir uns nicht einschüchtern lassen. Wir stehen für einen redlichen und verantwortungsvollen Umgang von Steuergeldern", erklärte die ÖVP-Europaabgeordneten Angelika Winzig in einer Aussendung. "Das Geld der EU-Bürgerinnen und Bürger soll dort ankommen, wo es auch wirklich benötigt wird. Bei Missbrauch von EU-Geldern muss es daher strikte Konsequenzen geben, davon kann auch ein Premierminister nicht ausgenommen werden", so Winzig. (APA,19.6.2020)