Auf dem Brenner herrscht derzeit wieder freie Fahrt – derzeit, wohlgemerkt.

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Wien – Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hat neuerliche Grenzschließungen in der Coronakrise nicht ausgeschlossen. "Nur weil wir jetzt Staaten auf Grün gesetzt haben, heißt nicht, dass wir die Situation nicht weiter genau beobachten", sagte Schallenberg im APA-Interview. "Wenn es notwendig ist, werden wir natürlich auch wieder entsprechende Maßnahmen setzen."

"Natürlich ist es unser Ziel, dass es nicht wieder dazu kommt", sagte Schallenberg zu Grenzschließungen. "Unser Ziel ist es, möglichst schnell die Reisefreiheit wieder herzustellen. Das ist im 21. Jahrhundert kein Luxus, das ist eine Notwendigkeit", betonte er. Allerdings sei jeder Öffnungsschritt "mit einem gewissen Restrisiko verbunden". Man sei bei der Pandemie "noch nicht über den Berg".

Schallenberg zeigte sich aber zuversichtlich, dass etwaige Ausbrüche "lokal oder zumindest regional" unter Kontrolle gebracht werden könnten und ein "Überschwappen" auf andere Länder verhindert werden könne. Zugleich baut er auf die in der ersten Welle gewonnenen Erfahrungen. "Im Fall einer zweiten Welle bin ich zuversichtlich, dass wir auf europäischer Ebene ganz anders reagieren würden (als bei der ersten Welle, Anm.)." Die EU-Staaten würden dabei "sehr viel koordinierter" vorgehen.

Reisewarnung für Ägypten, Bangladesch und Chile

Der Außenminister trat zugleich Berichten über mögliche dienstrechtliche Konsequenzen für Auslandsreisende entgegen. "Reisewarnungen des Außenministeriums haben keine rechtlichen Konsequenzen, sondern sind Hinweis und Appell. Wenn man in diesem Sommer aus geschäftlichen Gründen, aus familiären Gründen oder um Urlaub zu machen, ins Ausland fährt, sollte man sich sehr wohl informieren, wie die Situation vor Ort ist, wie komme ich auch im Fall des Falles auch wieder zurück, wie sieht es vor Ort mit Mobilität, mit Sicherheit und Gesundheitsversorgung aus."

Am Samstag hat das Außenministerium Reisewarnungen für Ägypten, Bangladesch und Chile verhängt. Für alle drei Länder wird der Reisehinweis von der bisherigen Sicherheitsstufe 4 (Hohes Sicherheitsrisiko) auf Stufe 6 (Reisewarnung) erhöht, wie das Außenministerium mitteilte.

Grund für die Maßnahme sind die steigenden Infektionszahlen in den drei Ländern. Im beliebten Urlaubsland Ägypten seien seit Mai die Fallzahlen täglich gestiegen, so das Außenministerium. Der Höhepunkt der Epidemie werde derzeit auf Mitte Juli geschätzt. Außerdem entspreche das ägyptische Gesundheitssystem nicht dem mitteleuropäischen Standard.

Antikörpertests in Reichenau an der Rax

In Reichenau an der Rax laufen an diesem Wochenende Corona-Antikörpertestungen. Die Ergebnisse sollen Rückschlüsse auf die Durchseuchungsrate in der Marktgemeinde im Bezirk Neunkirchen bringen, informierte Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) am Samstag. Ziel sei es zudem, die weltweite Forschung zu unterstützen.

Reichenau sei wegen der hohen Anzahl an Corona-Fällen für eine Antivirus-Studie ausgewählt worden, erläuterte die Landesrätin in einer Pressekonferenz. Sie betonte außerdem, dass es immer mehr Menschen gebe, "die asymptomatisch sind und am Coronavirus erkrankt sind". In Reichenau war sehr früh ein Corona-Hotspot entstanden. Bereits am 28. März hatte es einen Höchststand mit 70 Erkrankten und mehr als 200 Absonderungen gegeben. Die Testreihe soll Auskunft darüber geben, ob Antikörper vorhanden seien, nicht aber, wie lange und ob eine Immunität gegeben ist.

Mann nach Auslandsaufenthalt in Tirol positiv getestet

Ein 25-Jähriger ist in Tirol positiv auf das Coronavirus getestet worden, nachdem er am 8. Juni von einem Aufenthalt in Pakistan zurückgekehrt war. Er entwickelte ab 14. Juni Symptome und klagte zuvor bereits über Unwohlsein, ein durchgeführter Test verlief jedoch negativ. Erst als sich sein Zustand verschlechterte und er in der Innsbrucker Klinik aufgenommen wurde, war ein PCR-Test positiv.

Der 25-Jährige, der in Telfs bei einer Gastfamilie lebt, war seit seiner Rückkehr ständig zuhause und hatte keine weiteren Kontaktpersonen als die Familie. Diese wurde nun isoliert, teilte das Land am Samstag mit. Die Behörden starteten aber einen Aufruf, da der Mann mit dem Flugzeug und dem Zug nach Tirol angereist war.

Der Mann war am 8. Juni am Flughafen Schwechat gelandet und reiste um 17.30 Uhr mit dem Railjet in der zweiten Klasse nach Tirol und kam um 21.45 Uhr in Innsbruck an. Dort stieg der Mann auf die S-Bahn Richtung Telfs um und fuhr um 21.59 Uhr von Innsbruck nach Telfs. In Telfs kam er um 22.27 Uhr an. Er soll während der gesamten Fahrt mit dem Railjet und mit der S-Bahn einen Mund-Nasen-Schutz getragen haben und zu jedem Fahrgast mindestens zwei Meter Abstand gehalten haben. Wer sich ebenso in diesen Zügen aufgehalten hatte und Symptome verspüre, soll sich an die Gesundheitshotline 1450 wenden, hieß es seitens des Landes. Auch die betroffenen Fluglinien wurden von den Behörden informiert.

1.029 Mitarbeiter in deutscher Fleischfabrik positiv getestet

Nach dem Corona-Ausbruch beim Fleischproduzenten Tönnies im deutschen Rheda-Wiedenbrück sind mittlerweile 1.029 Mitarbeiter positiv auf das Virus getestet worden. Dies teilte der Landrat des Kreises Gütersloh, Sven-Georg Adenauer, am Samstag in Gütersloh mit. Die Fabrik wurde für 14 Tage geschlossen. Es handelt sich um Deutschlands größten Fleischbetrieb. Insgesamt 3.127 Befunde lägen mittlerweile vor. Alle rund 6.500 Tönnies-Mitarbeiter am Standort mussten mitsamt Haushaltsangehörigen in Quarantäne. Auch ein regionaler Lockdown wurde von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet ausdrücklich nicht ausgeschlossen.

Die Behörden hatten große Schwierigkeiten, an die Adressen der Mitarbeiter zu kommen. Nachdem am Freitagvormittag immer noch 30 Prozent der Adressen gefehlt hätten, hätten sich der Kreis Gütersloh und der Arbeitsschutz in der Nacht auf Samstag Zugriff auf die Personalakten der Firma Tönnies verschafft. "Das Unternehmen hatte es nicht geschafft, uns alle Adressen zu liefern", sagte Landrat Adenauer. Die Behörden seien gemeinsam am Freitagabend in die Konzern-Zentrale gegangen. Samstag um 1.30 Uhr sei man fertig gewesen. Jetzt lägen 1.300 Adressen von Wohnungen allein für den Kreis Gütersloh vor.

Der massenhafte Ausbruch bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück war am Mittwoch bekannt geworden. Bereits im Mai war es auf einem Schlachthof des Konkurrenzunternehmens Westfleisch im Kreis Coesfeld zu einem Corona-Ausbruch gekommen. Das nordrhein-westfälische Landeskabinett will sich am Sonntag in einer Sondersitzung mit dem Ausbruch bei Tönnies beschäftigen.

Trump: Opfer nicht umsonst gestorben

Trotz des Anstiegs der Infektionen in einer Reihe von US-Bundesstaaten sieht Präsident Donald Trump das Land auf einem guten Weg. "Es war eine interessante Zeit, es war schrecklich, so viele Leben sind verloren gegangen, wir werden diese unglaublichen Menschen nie vergessen. Aber sie werden nicht umsonst gestorben sein", sagte Trump in einem am Freitag veröffentlichten Video.

Die USA würden nun stärker werden als jemals zuvor. Trump lobte zudem die seiner Ansicht nach großartigen jüngsten Daten vom Arbeitsmarkt.

Die Corona-Pandemie hat in den USA in fast der Hälfte der Bundesstaaten eine besorgniserregende Entwicklung genommen. In vielen Regionen erreichten die Zahlen der täglichen Neuinfektionen zuletzt Höchstwerte – darunter in den bevölkerungsreichen Bundesstaaten Texas oder Florida. Insgesamt gibt es im Land mehr als 2,2 Millionen nachgewiesene Erkrankungen und 119.000 Todesopfer – mehr als in jedem anderen Land.

Mehr als eine Million Infektionen in Brasilien

Unterdessen breitet sich das Coronavirus in Brasilien weiter rasant aus. Das Gesundheitsministerium meldet am Freitag 54.771 Neuinfektionen. Damit steigt die Gesamtzahl der Ansteckungen auf 1,032 Millionen.

Die Zahl der Todesfälle legte binnen 24 Stunden um 1.206 auf 48.954 zu. Brasilien weist in der Coronavirus-Pandemie nach den USA weltweit die meisten Infektionen und Todesfälle aus.

Der am stärksten von der Pandemie betroffene Kontinent bleibt aber weiterhin Europa. Am Samstagvormittag wurde die Schwelle von 2,5 Millionen Corona-Infektionen überschritten. Mehr als 192.000 Menschen in Europa starben an den Folgen einer Infektion. Das am stärksten betroffene Land in Europa ist Russland mit mehr als 570.000 Infektionen, es folgen Großbritannien (302.000), Spanien (246.000) und Italien (238.000).

Luxemburg will alle testen

Luxemburg will mit flächendeckenden Tests der gesamten Bevölkerung eine zweite Corona-Welle verhindern. Dazu seien die Einwohner und Beschäftigten in kleine Gruppen eingeteilt worden, deren Mitglieder abwechselnd und regelmäßig getestet werden: "Wenn es neue Infektionen gibt, dann wissen wir sehr genau, wo es passiert und können Ketten unterbrechen", sagte der Direktor des Gesundheitsinstituts, Ulf Nehrbass.

An derzeit 17 Teststationen seien pro Tag bis zu 20.000 Tests möglich. Luxemburg sei das erste europäische Land, das Tests auf Covid-19 derart umfassend anbiete, sagte Nehrbass. Derzeit seien bereits zehn Prozent der gut 600.000 Einwohner plus 300.000 Grenzgänger "durchgetestet". Für die freiwilligen Testungen von Anfang Mai bis Ende Juli stehen rund 30 Millionen Euro bereit. "Es wäre gut, wenn die Tests auch danach weiter gehen", sagte Nehrbass, der auch Sprecher der Covid-19 Task Force in Luxemburg ist. Die zweite Welle werde im Herbst erwartet. "Und da sollten wir bereit sein." (red, APA, 20.6.2020)