Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bei der Präsentation des Wahlprogramms Anfang Juni.

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Langsam kommt der Wahlkampf für die im Oktober anstehende Wien-Wahl in Fahrt. Was die Themen betrifft, scheint er sich jedoch – trotz Corona-Krise – nicht allzu sehr von den bisherigen politischen Auseinandersetzungen in der Hauptstadt zu unterscheiden. Vor allem die türkis-blaue Rathaus-Opposition schießt sich derzeit auf ihr Lieblingsthema ein: Zuwanderung. Erst am Dienstag provozierte FPÖ-Bundesobmann Norbert Hofer bei einer Kundgebung am Wiener Viktor-Adler-Markt, als er den Koran als "gefährlicher" als das Coronavirus bezeichnete. ÖVP-Stadträte kritisierten die Wiener Mindestsicherung jüngst via Aussendung erneut als einen "Magneten für Zuwanderung".

Die Wiener SPÖ hält sich beim Thema Zuwanderung derzeit noch zurück, eigene Ideen wurden bisher nicht offensiv kommuniziert. Man wolle sich aber freilich von der FPÖ und dem türkisen Teil der Bundesregierung abgrenzen, heißt es aus der Landespartei. Im roten Wahlprogramm gibt es auch ein eigenes Kapitel zum Thema. Das Credo: Integration ab Tag 1. "Das ist bei der SPÖ eine Selbstverständlichkeit", sagt ein Sprecher der SPÖ Wien zum STANDARD. Man setze auf Zusammenhalt statt auf Spaltung. Interne Umfragen hätten zudem gezeigt, dass die Wiener Bevölkerung Themen wie die Bekämpfung des Coronavirus und der dadurch ausgelösten Wirtschaftskrise sowie Arbeitsplätze oder leistbares Wohnen als wichtiger einordnen, als das Bremsen von Zuwanderung.

Einbürgerungskampagne und Deutschförderung

Kompetenz will die Sozialdemokratie im Feld der Integration aber dennoch beweisen. Neben Deutschförderung und dem Ausbau der Integrationsbegleitung "StartWien" ist ein weiterer Punkt im Wahlprogramm eine Einbürgerungskampagne. Dadurch sollen mehr zugewanderte Wienerinnen und Wiener motiviert werden, die österreichische Staatsbürgerschaft zu beantragen. In einem ersten Schritt will die SPÖ dazu die Landesgebühren für das Staatsbürgerschaftsverfahren deutlich senken.

Der Gedanke dahinter: Ein leichterer Zugang zur Staatsbürgerschaft soll für eine bessere Integration sorgen. Zugezogene könnten sich demnach aktiver in die Gesellschaft einbringen und "mit vollen Rechten und Pflichten daran teilhaben", heißt es in dem Programm. Tatsächlich sind in Wien viele Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft von demokratischer Teilhabe ausgeschlossen. An der Nationalratswahl 2019 konnten österreichweit rund 1,2 Millionen in Österreich lebende Menschen nicht teilnehmen. Die meisten von ihnen leben in Wien.

"Sprache ist ein Schatz"

Neben Deutsch als Zweitsprache will die SPÖ auch Mehrsprachigkeit fördern. Bewusst will sich die Landespartei bei diesem Thema anders als Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) positionieren. Diese befürchtete jüngst in einem Interview mit der "Kronen Zeitung" Parallelgesellschaften, weil in Wien der Anteil an Schülerinnen und Schülern mit nichtdeutscher Erstsprache bei 52,5 Prozent liegt. Expertinnen sowie der Wiener Bildungs- und Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky kritisierten die Interpretation der Ministerin. Die Zahlen würden nichts über die Deutschkenntnisse der Kinder aussagen, zudem sei Mehrsprachigkeit vielmehr "ein Schatz" und "eine Bereicherung für eine international vernetzte Stadt", sagte Czernohorszky. Im roten Wahlprogramm ist eine Maßnahmenpaket vorgesehen, um das Erlernen und Festigen von Erstsprachen im schulischen und außerschulischen Bereich zu unterstützen. (Davina Brunnbauer, 20.6.2020)