Festnahme in Minsk.

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Am Freitag empfing Lukaschenko Russlands Außenminister Sergei Lawrow.

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Minsk – Nachdem Hunderte Menschen am Freitag in mehreren weißrussischen Städten für die Zulassung von Oppositionspolitikern bei der Präsidentschaftswahl im August demonstriert hatten, bezeichnete Präsident Alexander Lukaschenko die Proteste unterdessen als Versuch, das Land zu destabilisieren. Bei den Protesten wurden laut der Menschenrechtsorganisation Wjasna mehr als hundert Menschen festgenommen.

"Ich hätte nie gedacht, dass es in Belarus Menschen geben würde, die das Land zerstören wollen", sagte Lukaschenko. Den Demonstranten drohte er: "Es wird niemandem erlaubt sein, zu verraten oder zu zerstören, was ihr und ich seit einem Vierteljahrhundert aufgebaut haben."

Wahl im August

Am 9. August finden in Weißrussland (Belarus) Präsidentschaftswahlen statt, Lukaschenko kandidiert dabei für seine sechste Amtszeit. Bis Freitag konnten Politiker, die bei der Wahl gegen Lukaschenko antreten wollen, Unterschriften sammeln.

Am Donnerstag war der wichtigste Herausforderer Lukaschenkos festgenommen worden. Dem Geschäftsmann Viktor Babariko werden nach Angaben der Ermittler Finanzvergehen vorgeworfen. Nach Angaben seiner Helfer konnte der 56-jährige Babariko 435.000 Unterschriften sammeln. "Wenn Viktor Babariko als Präsidentschaftskandidat registriert ist, besteht die Möglichkeit, dass er freigelassen wird", sagte der Rechtsanwalt Maxim Snak, bevor er hinzufügte: "Oder vielleicht auch nicht."

Experten bewerteten die Proteste als ungewöhnlich. "Die Gesellschaft ist polarisiert", sagte der unabhängige Experte Walery Karbalewitsch der Nachrichtenagentur AFP. "Heute lautet der Slogan der Menschen hier: Alle, nur nicht er."

Für Unmut in der Bevölkerung sorgt unter anderem der Umgang der Regierung mit der Corona-Pandemie. Weißrussland (Belarus) verzeichnet nach offiziellen Angaben fast 58.000 bestätigte Coronavirus-Infektionen und mehr als 340 Todesfälle. Der Präsident spielt die Pandemie herunter und spricht von dem Virus als "Schwindel" und empfiehlt Traktorfahrten, Saunabesuche und Wodka.

Lukaschenko regiert Weißrussland (Belarus) seit 1994 mit eiserner Hand. Die Ergebnisse der vergangenen vier Präsidentschaftswahlen wurden von den Wahlbeobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wegen Betrugs und Einschüchterungen nicht anerkannt. (red, APA, AFP, 20.6.2020)