"Krone"-Erbe und -Herausgeber Christoph Dichand 2019 vor einer Verhandlung gegen die Funke-Gruppe am Wiener Handelsgericht.

Foto: Robert Newald

"Krone"-Herausgeber Christoph Dichand greift Investor René Benko (Signa-Holding) im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" ("SZ") an. Benko wolle mit dem Engagement bei Österreichs größter Tageszeitung "persönliche Eitelkeit befriedigen – als Investment macht es zumindest keinen Sinn", erklärt Dichand.

Dichand wendet sich mit diesem Hinweis auf wirtschaftliche Sinnlosigkeit des Engagements an Benkos Investoren: "Das sei seinen Investoren Roland Berger und Torsten Toeller ins Stammbuch geschrieben."

Dichand sagt Benko nach, er "wollte sogar Herausgeber werden". "Wer fremde Reputation kauft, um sie sich anzuheften, macht sie damit kaputt", erklärt der "Krone"-Erbe in der am Mittwoch erscheinenden "Süddeutschen Zeitung".

Im Zusammenhang mit Heinz-Christian Straches Ibiza-Fantasien von der Übernahme der "Krone" mit einer angeblichen russischen Oligarchin sagt Dichand: "Allerdings versucht ein Immobilienspekulant, jetzt tatsächlich durch die Hintertür hereinzukommen: René Benko, den Strache ja damals vor dem Videoabend auf Ibiza getroffen hatte."

Dichand an Kurz: "Politik müsste auf gesunden Abstand gehen"

Über Benkos Naheverhältnis zu Kanzler Sebastian Kurz sagt Dichand in der "SZ": "Wie eng die beiden wirklich miteinander zu tun haben, kann ich nicht beurteilen. Was ich sagen kann: Jeder Politiker wäre gut beraten, nicht zu nahe an René Benko anzustreifen. Er hat als einer der Ersten in der Corona-Krise nach staatlichem Geld gerufen – bezeichnenderweise saß er dabei auf der Sonnenterrasse seines Chalets und hat versucht, mit dem Handy entsprechende Hilfen zu ordern. Hier müsste die Politik eigentlich auf gesunden Abstand gehen."

Förderungen und öffentliche Inserate hätten indes keinen politischen Einfluss auf die "Krone", erklärt Dichand: "Bei der 'Krone' nicht, dazu sind wir zum Glück zu groß." Zur Informationspolitik der Regierung in Corona-Zeiten sagt Dichand "bei allem Respekt" für den Umgang der türkis-grünen Regierung mit der Krise: "Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass man Geschmack an dem süßen Gift der Macht gefunden hat."

"Hätte man anders formulieren können" als Jeannée

Zu Brachialkolumnist Michael Jeannée und dessen Beleidigung etwa von "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk sagt Dichand der "SZ": "Jeannée gehört zum Markenzeichen der 'Krone', in der Wortwahl müssen wir nicht immer übereinstimmen. Als Herausgeber könne man "nicht jeden Tag jede Zeile vorab lesen, und manchmal denkt man sich am nächsten Tag schon: Das hätte man anders formulieren können." Nachsatz: "Wir nehmen Kritik ernst, diskutieren intern und entwickeln uns stets weiter."

Dreimal so viele Leser wie die Nummer zwei am Zeitungsmarkt

Die "Krone" ist Österreichs weitaus meistgelesene Zeitung: 27,2 Prozent sagen laut Media-Analyse, sie haben das Kleinformat gestern gelesen oder durchgeblättert. Mehr als dreimal so viele wie die Nummer zwei, die Gratiszeitung "Heute" (an der Eva Dichand über eine Stiftung beteiligt ist, Christoph Dichands Frau). Mit 673.000 verkauften Exemplaren, davon 582.000 Abos, und stolzen Werbeeinnahmen ist sie auch wirtschaftlich ein Größtkaliber in der Medienbranche.

Dichand, Funke, Benko: Worum geht es im Kampf um die "Krone"?

Die deutsche Mediengruppe Funke streitet seit zwei Jahrzehnten mit dem "Krone"-Gründer Hans Dichand, seit dessen Tod im Juni 2010 mit seiner Familie. Dichands 50 Prozent gehören nun zu je 12,5 Prozent seiner Witwe Helga sowie seinen drei Kindern Michael, Johanna und "Krone"-Herausgeber und -Chefredakteur Christoph Dichand, verheiratet mit "Heute"-Herausgeberin Eva Dichand.

Die Funke-Gruppe versucht seit vielen Jahren, die bei ihrem Einstieg 1987 vereinbarten Vorrechte der Dichands zu kündigen. Die Funkes garantierten den Dichands einen jährlichen Gewinn von mehr als sieben Millionen Euro unabhängig von den Ergebnissen der "Krone", zudem das Sagen in der Redaktion und beim Personal. Die Stimmrechte der Funke-Gruppe im gemeinsamen "Krone"-"Kurier"-Verlagskonzern sind an jene der Dichands gebunden.

Ende 2018 beteiligte die Funke-Gruppe den österreichischen Immobilieninvestor René Benko an ihrer Holdingfirma, die 50 Prozent an der "Krone" und 49,44 Prozent am "Kurier" hält. Benko will die Funke-Anteile ganz übernehmen und die zweite Hälfte des Kaufpreises von kolportiert 160 Millionen überweisen, sobald die Vorrechte der Dichands fallen. Doch die hat ein Schiedsgericht vor wenigen Wochen bestätigt. Funke und Benko haben angekündigt, das Schiedsurteil anzufechten, schon im März haben sie beim Wiener Handelsgericht eine (juristisch schwierige) Klage auf Ausschluss der Dichands aus der "Krone"-Gesellschaft eingebracht.

"Zeit zu verhandeln"

Dichand erklärt neuerlich Kaufinteresse der Funke-Anteile und will mit der deutschen Mediengruppe darüber verhandeln. Funke hat das (ebenso wie Signa) zuletzt abgelehnt. Dichand sieht mit dem Schiedsurteil einen 17 Jahre andauernden Rechtsstreit mit der Funke-Gruppe "zu Ende" gegangen: "Ein Urteil ist durch ein unabhängiges Gericht endgültig gefällt worden, es gibt keinen Aufschub oder Instanzen. Jetzt wäre es an der Zeit, sich die Hände zu reichen, um zu verhandeln. Mir ist klar, dass Funke noch etwas Zeit braucht, schließlich ist das Urteil noch ziemlich frisch." (fid, 23.6.2020)