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Ex-Chef Markus Braun und Wirecard drohen Investorenklagen.

Foto: Dpa/Peter Kneffel

Frankfurt – Milliarden verschwunden, Chef weg, Kurs eingebrochen, Zukunft ungewiss: So ließe sich die Situation beim einstigen deutschen Finanz-Shootingstar Wirecard zusammenfassen. Um 73 Prozent brach der Kurs des bis Freitag vom Österreicher Markus Braun geleiteten Konzerns ein.

Entscheidend für die Zukunft des Unternehmens wird sein, ob die Banken Wirecard den Geldhahn zudrehen und von der Möglichkeit Gebrauch machen, Kredite von zwei Milliarden Euro zu kündigen. Wirecard befindet sich nach eigenen Angaben in "konstruktiven Gesprächen" mit den Geldinstituten. Die Banken wären laut Wirecard zur Kündigung berechtigt, wenn das Unternehmen keinen testierten Jahresabschluss vorlegt.

Zweifel an Bilanz

Im Mittelpunkt des Bilanzskandals stehen zwei asiatische Banken und ein Treuhänder, der seit Ende vergangenen Jahres für Wirecard die Konten verwaltet. Auf den Konten waren angeblich 1,9 Milliarden Euro verbucht. Die für Wirecard tätigen Bilanzprüfer bezweifeln jedoch mittlerweile, dass das Geld tatsächlich existiert. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) hat daher den Jahresabschluss nicht testiert. EY vermutet Täuschungsabsicht.

Doch es kommt noch dicker. Die Ratingagentur Moody’s hat die Bonitätsbewertung von Wirecard von Baa3 um mehrere Stufen auf B3 (Junk) zurückgestuft. Diese Kategorie wird üblicherweise von längerfristig orientierten Investoren gemieden und landläufig als Ramsch übersetzt. Aufgrund der jüngst bekanntgewordenen Bilanzunregelmäßigkeiten werden die Anleihen von Wirecard jetzt als hochspekulativ eingestuft, hieß es bei Moody’s. Eine weitere Abstufung auf ein C-Niveau werde geprüft.

Klagen drohen

Die Analysten verweisen auf fehlenden Belege für Treuhandgelder in Milliardenhöhe. Sie sehen zudem Hinweise auf Bilanztäuschung. Die Verschiebung des Testats könnte einen Zahlungsausfall Wirecards und einen hohen und unmittelbaren Refinanzierungsbedarf auslösen.

Zudem bereiten Investoren Klagen vor. So will die zur Deutschen Bank gehörende Fondsgesellschaft DWS gegen Wirecard und dessen bisherigen Chef vor Gericht ziehen. (red, 22.6.2020)