Wie das Klima auf unserem Planeten Aufstieg, Alltag und Untergang von Zivilisationen beeinflusst hat, beschäftigt Historiker seit jeher. Dank neuer klimatologischer Methoden wird der Blick auf diesen Aspekt der Vergangenheit immer schärfer und erlaubt Forschern, mögliche Zusammenhänge zwischen Klimaveränderungen und historischen Umbrüchen genauer zu beleuchten. Das hat nun auch ein internationales Forscherteam in einer bemerkenswerten Studie im Fachblatt "PNAS" getan und kommt zum Schluss: Ein gewaltiger Vulkanausbruch in Alaska im Jahr 43 vor unserer Zeitrechnung könnte zum turbulenten Ende der Römischen Republik beigetragen haben.

Die Caldera des Aleuten-Vulkans Okmok (oben rechts) entstand bei einer gewaltigen Eruption im Jahr 43 v. u. Z.
Foto: U.S. Geological Survey

Seine größte Ausdehnung und Prosperität erreichte das Römische Imperium in einem Abschnitt, der als römisches Klimaoptimum bezeichnet wird: Diese Phase, die etwa im zweiten Jahrhundert v. u. Z. einsetzte und an die 500 Jahre lang andauern sollte, brachte im Mittelmeerraum weitgehend stabiles, warmes und feuchtes Klima mit sich. Doch es gab in diesem Zeitraum auch ungünstigere Jahre.

Ungewöhnlicher Kälteeinbruch

Wie aus historischen Aufzeichnungen hervorgeht, kam es in der römischen Kernregion etwa um die Zeit der Ermordung Julius Caesars 44 v. u. Z. zu einer mehrjährigen Phase ungewöhnlicher Abkühlung und großer Niederschläge – mit fatalen Folgen: Missernten, Hungerkatastrophen, Aufstände und Krankheitsausbrüche erschütterten Rom zu einer Zeit, die auch von großer politischer Instabilität gekennzeichnet war. Es waren die von Machtkämpfen geprägten letzten Jahre der Republik, die schließlich unterging und vom römischen Kaisertum abgelöst wurde.

Überrest der Eruption: Die kreisförmige Caldera mit einem Durchmesser von fast zehn Kilometern.
Foto: Kerry Key/Columbia University

Schon lange hegen Wissenschafter den Verdacht, dass die plötzlichen klimatischen Veränderungen in dieser Phase womöglich eine Rolle spielten – und dass ein Vulkanausbruch dahinter stecken könnte. Wann und wo genau sich eine so folgenreiche Eruption ereignet haben könnte, war aber bislang unklar. Ein Team von Klimaforschern, Archäologen und Historikern um Joe McConnell vom Desert Research Institute in Reno (Nevada) und Joe Manning von der Yale University hat nun einen Verdächtigen ausgemacht: Der Okmok, ein Schildvulkan in den östlichen Aleuten in Alaska, der 43 v. u. Z. ausbrach.

Verräterische Eisbohrkerne

Am Beginn der Untersuchung standen vulkanische Ablagerungen, auf die McConnell und Kollegen in Eisbohrkernen aus der Arktis stießen. Die geochemische Signatur passte zum Okmok, die Datierung wiederum zu den antiken römischen Aufzeichnungen. Analysen weiterer Eisbohrkerne aus Grönland und Russland ergaben ein klares Bild: Der Vulkan war im fraglichen Zeitraum zwei Mal ausgebrochen. Im Jahr 45 v. u. Z. kam es demnach zu einer kurzen und heftigen Eruption. Zwei Jahre später, 43 v. u. Z., spie der Okmok dann erneut – und zwar viel gewaltiger. Wie die Forscher berichten, dürfte es sich um einen der stärksten Vulkanausbrüche der vergangenen 2.500 Jahre gehandelt haben.

Einer der Eisbohrkerne, die die Wissenschafter untersuchten.
Foto: Dorthe Dahl-Jensen

Massive Vulkanausbrüche können für das Erdsystem gravierende Folgen haben: Wenn große Mengen an Asche, Gas- und Schwebepartikeln durch Höhenwinde verbreitet werden und in die Atmosphäre gelangen, bilden sie dort Aerosole, die wiederum die Sonneneinstrahlung vermindern und für Abkühlung sorgen. Um die Auswirkungen der zweiten Okmok-Eruption auf das Klima zu eruieren, trugen die Wissenschafter Daten aus Klimaarchiven rund um den Globus zusammen: Baumring-Analysen aus Österreich, Skandinavien und Kalifornien wurden ebenso berücksichtigt wie Mineralablagerungen aus Höhlen in China.

Soziale Folgen

Das Ergebnis: Die beiden Jahre nach der zweiten Okmok-Eruption 43 v. u. Z. zählten in der nördlichen Hemisphäre zu den kältesten Jahren der vergangenen zweieinhalb Jahrtausende, das folgende Jahrzehnt war das viertkälteste. Infolge des Ausbruchs könnten die Sommer- und Herbsttemperaturen im Mittelmeerraum um bis zu sieben Grad Celsius unter dem Durchschnitt gelegen haben, während die Niederschlagsmenge dramatisch zunahm: in den Sommern 42 und 41 v. u. Z. um bis zu 120 Prozent über dem Durchschnitt, im Herbst gar um 400 Prozent darüber.

Die Wissenschafter betonen in ihrer Studie, dass viele unterschiedliche Faktoren zum Ende der Römischen Republik beigetragen haben. Die Rolle der klimatischen Bedingungen und der sozialen und politischen Folgen von Missernten und Hungersnöten dürfe jedoch nicht unterschätzt werden.

"Diese nassen und extrem kalten Bedingungen während der landwirtschaftlich wichtigen Jahreszeiten dürften während dieser Zeit politischer Umbrüche zu erheblichen Ernteeinbrüchen und Versorgungsproblemen geführt haben", schreiben die Forscher. "Diese Klimaeffekte waren ein schwerer Schock für eine bereits gestresste Gesellschaft – zu einem entscheidenden Zeitpunkt in ihrer Geschichte." (David Rennert, 23.6.2020)