Lazarus Chakwera ist der Chef der Opposition in Malawi. Ob er gegen Präsident Mutharika gewinnen darf, ist unsicher.

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Malawi ist der drittärmste Staat der Welt und hat außer einem wunderschönen See wirtschaftlich nicht viel zu bieten. Dieser Tage kommt dem Binnenstaat im südlichen Afrika jedoch weltweite Aufmerksamkeit zu: Bei der Wiederholung der für ungültig erklärten Wahlen vom vergangenen Jahr wird sich am Dienstag zeigen, wer den über einjährigen Kampf zwischen dem Präsidenten und der Gerichtsbarkeit für sich entscheiden konnte. Zur Debatte steht auch, ob die fast 20 Millionen Malawier künftig in einem funktionierenden Rechtsstaat leben können oder ob ihre Heimat in Richtung einer autokratischen Diktatur abschmiert.

Die Wiederholung der Präsidentschaftswahlen war notwendig geworden, nachdem Malawis Verfassungsgericht im Februar einstimmig befunden hatte, dass der Urnengang am 21. Mai des vergangenen Jahres nicht den von der Verfassung diktierten Ansprüchen genügte. Der Amtsinhaber Peter Mutharika hatte die Abstimmung mit 38,6 Prozent der Stimmen zwar knapp gewonnen, doch die Verfassungsrichter monierten ein halbes Dutzend Regelverstöße. Unter anderem waren zahlreiche Wahlzettel mit Tipp-Ex "korrigiert" worden.

Oder: Die Wahlkommission hatte den Sieger bereits nach der Überprüfung von weniger als einem Drittel der Stimmen bekanntgegeben. Es war das zweite Mal in der Geschichte Afrikas, dass eine Abstimmung von einem Gericht für ungültig erklärt wurde. Als besonders peinlich erwies sich das Urteil der Richter für die Wahlbeobachter der Afrikanischen sowie der Europäischen Union: Sie hatten dem Urnengang ihren Segen erteilt.

Proteste und Verhaftungen

Das Gericht war von den beiden Oppositionsparteien, der Malawi Congress Party (MCP) und dem United Transformation Movement (UTM), angerufen worden: Die beiden kamen gemeinsam auf über 55 Prozent der Stimmen und haben sich inzwischen zu einem Wahlbündnis zusammengeschlossen. Die neun Monate andauernden Beratungen des Gerichts wurden von zahllosen Protesten begleitet, die meist von der zivilgesellschaftlichen Aktivistengruppe Koalition der Verteidiger der Menschenrechte (HRDC) organisiert worden waren. Mehr als 200 Menschen wurden bei den Protesten festgenommen, Dutzende Frauen sollen von Polizisten vergewaltigt worden sein.

Der 79-jährige Mutharika bezeichnete den Richterspruch als "Farce", scheiterte jedoch mit seinem Einspruch vor dem Berufungsgericht. Trotzdem weigerte sich der Präsident, der Aufforderung des Gerichts nach einer Neubesetzung der Wahlkommission zu folgen, und verschleppte die Festsetzung eines neuen Wahltermins. Als sich das Coronavirus auch in Afrika ausbreitete, verhängte Mutharika den Notstand über das Land. Er ließ Versammlungen verbieten, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch kein einziger Ansteckungsfall mit dem Virus bekannt war. Als der Präsident Mitte April eine Ausgangssperre erließ, hob ein Gericht auch diese Entscheidung auf.

Gezerre um Urnengang

Jane Ansah, die umstrittene Vorsitzende der Wahlkommission, versuchte, den Urnengang wegen der Pandemie zu verschieben. Doch auch sie scheiterte vor Gericht und trat schließlich aus eigenen Stücken zurück. Dann wollte sich Mutharika der beiden höchsten Richter des Landes entledigen: Er schickte sie ein halbes Jahr vor ihrer Pensionierung in den Ruhestand, sie müssten ihre Überstunden abfeiern, hieß es zur Begründung. Doch auch dieser Streich wurde von einem Gericht unter Hinweis auf die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit wieder rückgängig gemacht.

Auch am Vorabend das Votums ist noch ungewiss, ob sich der Präsident – der selbst Jus studiert hat – mit der Abstimmung tatsächlich abgefunden hat. Er ersetzte inzwischen die Führung des Militärs mit aus seiner Region stammenden Generälen. Gewichtige Gründe, warum das südafrikanische Land nicht wieder vom Radarschirm verschwinden sollte. (Johannes Dieterich, 23.6.2020)