Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gibt noch kein grünes Licht für das Projekt.

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Wien – Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) steigt beim von Grün und Türkis forcierten Verkehrsberuhigungsprojekt in der Innenstadt auf die Bremse. Auch nach einem Termin mit der grünen Vizebürgermeisterin Birgit Hebein und City-Bezirksvorsteher Markus Figl (ÖVP) am Montag im Wiener Rathaus gab Ludwig kein grünes Licht für das Vorhaben: Für den Stadtchef gibt es beim geplanten teilweisen Fahrverbot für Nichtanrainer noch offene Punkte zu klären. Ludwig will das Projekt noch bis Mitte Juli prüfen und dann bewerten.

Ludwig bezeichnete die Unterredung mit Hebein und Figl als "interessantes, vertiefendes Informationsgespräch", bei dem einige Unklarheiten ausgeräumt werden konnten. Noch offen sei aber etwa, wer das Einfahrtsverbot vom Ring in Richtung Stephansplatz kontrollieren soll. Laut Plänen der für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Magistratsabteilung ist die Polizei dafür zuständig. Ludwig sieht aber schon jetzt keinen "Personalüberfluss" bei der Exekutive.

Ordentliches Begutachtungsverfahren läuft bereits

Ludwig kündigte an, dass er seine Bewertung des Projekts am Ende des "ordentlichen Begutachtungsverfahrens" des Magistrats bis Mitte Juli treffen werde. "Ich bin als Bürgermeister interessiert an Verkehrsberuhigung im ersten Bezirk", wiederholte er. Die Auswirkungen seien aber genau zu prüfen, wobei Ludwig mögliche Verdrängungseffekte auf die Nachbarbezirke ins Treffen führte. Diese dürfe es nicht geben – "weder im fließenden noch im ruhenden Verkehr".

Zuletzt hatten rote Bezirkschefs um den Ersten ein gebietsübergreifendes Gesamtkonzept für den Verkehr gefordert. Auch die schwarze Bezirksvorsteherin der Josefstadt, Veronika Mickel-Göttfert, kritisierte die Pläne von Hebein und Figl und befürchtete Parkplatzdruck in ihrem Bezirk.

Ludwig plädierte dafür, Maßnahmen schrittweise und unter Einbeziehung der Wirtschaftstreibenden im Ersten zu treffen. Auch Ärzte-, Apotheker- oder Rechtsanwaltskammer müssten im Behördenverfahren gehört werden. In der Innenstadt gebe es genauso viele Wohnungen wie Arbeitsstätten (jeweils rund 12.000). Vermeiden wolle er, dass die Innenstadt zu einem reinen Touristen- oder Verwaltungszentrum sowie zu einem einzigen Partyort werde. "Ich bin nicht für eine Schnell-schnell-Lösung, die einen Rattenschwanz an Problemen nach sich zieht."

Die vor einer Woche von Hebein und Figl samt weiterer Bezirksvertreter von Grünen, ÖVP und auch Neos präsentierten Pläne sehen ein Einfahrtsverbot in den Bereich innerhalb des Rings vor – allerdings mit vielen Ausnahmen. Diese betreffen etwa Anrainer, Garagenparker, Betriebe, Beschäftigte, Lieferdienste oder Einsatzfahrzeuge. Ob sich die Umsetzung des Projekts wie von Hebein gewünscht noch vor der Wien-Wahl im Oktober ausgeht, ist auch nach dem Termin mit Ludwig offen.

Hebein will "selbstverständlich" Stellungnahmen berücksichtigen

Hebein selbst sprach nach dem Termin mit Ludwig und Figl davon, dass "einige offene Details angesprochen werden" konnten. Im Ermittlungsverfahren würden "selbstverständlich" Stellungnahmen verschiedenster Interessenvertretungen berücksichtigt. "Die autofreie innere Stadt ist eine wichtige Klimaschutzmaßnahme im Sinne der Smart-City-Strategie Wien. Über dieses Ziel sind wir uns absolut einig." (krud, 22.6.2020)