Dunkle Wolken am Himmel über Frankfurt.

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Frankfurt/Wien – Das neun Milliarden Euro schwere deutsche Rettungspaket für die AUA-Mutter Lufthansa wackelt. Drei Tage vor der außerordentlichen Hauptversammlung blieb am Montag die Strategie des Großaktionärs Heinz Hermann Thiele weiterhin unklar. Auch in den Verhandlungen mit den Gewerkschaften um Sparbeiträge der Beschäftigten zeichnete sich noch keine Einigung ab. Das österreichische AUA-Rettungspaket wackelt mit.

Falls in Deutschland das staatliche Rettungspaket für die Lufthansa am Widerstand Thieles doch noch scheitern sollte, wäre auch der Deal zur Rettung der österreichischen Lufthansa-Tochter AUA gefährdet. "Bei einer eventuellen Ablehnung des vorliegenden deutschen Deals muss man die Situation in Österreich neu bewerten", hieß es am Montag aus Regierungskreisen in Wien.

"Der AUA-Deal sieht als Grundvoraussetzung eine Einigung der deutschen Regierung mit der Lufthansa vor", hieß es auf Anfrage der APA. Daher gelte es jetzt, die Hauptversammlung der Lufthansa am Donnerstag abzuwarten.

Optimismus in Wien

Bei der AUA selbst gab man sich am Montag zuversichtlich. "Das österreichische Corona-Hilfspaket ist fertig geschürt, und alle Stakeholder inklusive der Lufthansa haben dem Deal zugestimmt", sagte AUA-Sprecher Peter Thier zur APA. Es gebe daher Grund zur Annahme, dass unabhängig von der Lufthansa-Hauptversammlung das Paket in Österreich hält.

Indes trafen sich am Montag in Berlin Regierungsvertreter mit dem Lufthansa-Großaktionär Heinz Hermann Thiele und Lufthansa-Chef Carsten Spohr. Der 79 Jahre alte Milliardär hatte sich in den vergangenen Monaten mehr als 15 Prozent der Lufthansa-Aktien gesichert. Da laut Spohr weniger als 38 Prozent der Stimmrechte bei der Hauptversammlung am Donnerstag vertreten sind, könnte er allein den geplanten Staatseinstieg verhindern. Thiele steht kritisch zur geplanten 20-Prozent-Beteiligung Deutschlands an der Lufthansa.

Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD) verteidigte erneut das staatliche Rettungspaket. "Wir hatten eine sehr gute Diskussion mit dem Lufthansa-Management und haben einen sehr guten Plan entwickelt, über den es auch Einigung mit Brüssel gibt", sagte Scholz am Montag bei einer Konferenz in Frankfurt, zu der sich der Minister per Video aus Berlin zuschaltete. "Der Plan ist wohlüberlegt."

Kampf um Jobs

Parallel ging das Ringen um Einsparungen beim Personal weiter. Unternehmen und Gewerkschaftsvertreter bestätigten nur die Fortsetzung der Verhandlungen am Montag, wollten aber keinen Zeitpunkt für eine mögliche Einigung nennen. Ursprünglich war dieser Montag als Termin avisiert worden, um die Ergebnisse noch vor der Hauptversammlung präsentieren zu können.

Der von der Corona-Krise hart getroffene Konzern hat wegen der dauerhaft geringeren Nachfrage den weltweiten Personalüberhang auf 22.000 Stellen beziffert. Davon entfallen rund 11.000 Stellen auf Deutschland. Bei den Verhandlungen sollen nun Maßnahmen vereinbart werden, um möglichst viele Mitarbeiter an Bord zu halten. Das sind zum Beispiel ausgeweitete Teilzeitmodelle und der Verzicht auf Gehaltssteigerungen und Zulagen. Beteiligt sind die Gewerkschaften Verdi, Ufo und Vereinigung Cockpit, die bereits verschiedene Sparvorschläge unterbreitet haben.

Die Sorgen um das Rettungspaket drückten die Anteile des Dax-Absteigers zwischenzeitlich deutlich um bis zu neun Prozent, im weiteren Tagesverlauf erholte sich der Kurs aber wieder. Heftige Verluste während des Corona-Crashs hatten dazu geführt, dass die Papiere des größten Luftverkehrskonzerns Europas ihren Platz im deutschen Leitindex räumen mussten und nun dem Mdax der mittelgroßen Werte angehören.

Der Konzern mit 138.000 Beschäftigten rechnet damit, dass die Erholung der Nachfrage im Luftverkehr nur langsam verläuft. Derzeit hebt nur ein kleiner Teil der Lufthansa-Flotte zu Reisezielen ab. Im ersten Quartal brockte die Corona-Krise dem Konzern einen Verlust von 2,1 Milliarden Euro ein; die Geldreserven schwinden schnell.

Am ersten Börsentag nach dem Abstieg aus dem Leitindex Dax verzeichnete die Aktie zudem wegen der Unsicherheiten deutliche Kursabschläge. (APA, 22.6.2020)