Das nächste Geisterspiel im Allianz Stadion findet bereits am Mittwoch statt, Red Bull Salzburg füllt ab 20.30 Uhr die Leere.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Wien – Rapid hat den Horizont erweitert. Sogar bei Geisterspielen gibt es Probleme mit vom Blitz gestreiften Fans. Das muss dem populärsten Fußballklub im Land erst einmal einer nachmachen. Es war am Sonntagnachmittag, drei Stunden vor dem Schlager gegen Hartberg. Um die Anhängerschaft noch enger an den Verein zu binden, wurde ihr erlaubt, Transparente im Block West aufzuhängen.

Damit in Zeiten von Corona die unerträgliche Leere abgemildert wird. Die Monteure müssen nach verrichteter Arbeit wieder raus. Botschaften sollen/dürfen vermittelt werden. Bisher ist das gutgegangen, "Fußball ohne Fans ist sinnlos", hieß es einmal. Das war kein Aufreger, sondern hatte durchaus mit der Realität zu tun.

Unübersehbar

Nun stand auf einer Länge von rund 50 Metern geschrieben: "A Stadion mit leeren Plätzen is wie a schiache Oide wetzen – 12". Die Zahl zwölf steht für den zwölften Mann, der Rest erklärt sich von selbst. Der Spruch war in erster Linie saudeppert, frauenfeindlich, fällt in die Rubrik "tiefstes Stammtischniveau". Vom Reim her war er auch kein literarisches Highlight. Und so baumelte das Ding zweieinhalb Stunden lang im Regen, gesehen hat es praktisch niemand, es war ja ein Geisterspiel.

Der Pay-TV-Sender Sky thematisierte das allerdings, was sein Recht und wohl auch seine Pflicht ist. Zudem lechzt die von sozialen Medien getriebene Welt nach Erregung. Der ORF ignorierte den Vorfall. Begründung: Man habe erst fünf Minuten vor Anpfiff Livebilder erhalten, zu diesem Zeitpunkt war das Banner abgehängt. Fakt ist: Die Ultras und andere dichtende Gruppierungen lachen sich ins Fäustchen, endlich ein bisschen Aufmerksamkeit.

Gebranntes Kind

Rapid hat sich, das ist milde ausgedrückt, patschert verhalten. Warum das Transparent nicht nach 30 Sekunden oder wenigstens drei Minuten entfernt wurde, bleibt rätselhaft. Dumm gelaufen, ist die offizielle Erklärung. Dass man es sich nicht mit den Literaten verscherzen will, ist die inoffizielle. Rapid ist diesbezüglich ein gebranntes Kind, mit dem Vorwurf, man gebe den Auffälligen zu viel Macht, ist man seit einer gefühlten Ewigkeit konfrontiert.

Christoph Peschek, der Geschäftsführer Wirtschaft, gab Sky ein wenig berauschendes Interview. "Punkt eins, der SK Rapid und seine Fans sprechen sich dafür aus, dass wir möglichst bald wieder vor Zuschauern Fußball spielen dürfen. Wir spielen Fußball für unsere Fans. Insofern ist das Anliegen, gemeinsam vor Zuschauern zu spielen, eines, das nachvollziehbar ist. Punkt zwei, Demokratie und Meinungsfreiheit endet nicht an den Stadiontoren, daher ist es grundsätzlich so, dass Transparente, so sie nicht strafrechtlich relevant sind, zugelassen werden." Er sehe keinen Skandal, das Transparent wurde abmontiert.

Entschuldigung am Tag danach

Am Tag danach relativierte Peschek im STANDARD, entschuldigte sich: "Es tut mir leid, wenn das nicht richtig rübergekommen ist. Der Inhalt widerspricht unserem Leitbild." Er selbst sei erst fünf Minuten vor Anpfiff eingetroffen. "Weil meine ganze Familie mit einem Magen-Darm-Virus flachliegt." Rapid trete gegen Rassismus, Rechtsradikalismus, Homophobie und Frauenfeindlichkeit auf. Er, Peschek, werde mit den Fans weiter kommunizieren. "Miteinander reden ist besser als übereinander." Trainer Dietmar Kühbauer sagte; "Dieses Transparent hat definitiv nichts verloren in einem Fußballstadion. Ich kann diese Aktion nicht verstehen." Präsident Martin Bruckner war nicht anwesend (Urlaub).

Die Fußball-Bundesliga hat Rapid zu einer Stellungnahme aufgefordert. Eine Anzeige erfolge aktuell aber nicht. Seit Herbst werden diskriminierende Vorfälle und der Umgang damit evaluiert. Die Liga distanzierte sich in aller Deutlichkeit von dem "geschmacklosen Transparent im SCR-Fansektor". Man bekenne sich zu Werten wie Toleranz, Vielfalt und Offenheit.

Rapid hat gegen Hartberg 0:1 verloren, der Rückstand auf Red Bull Salzburg beträgt sechs Zähler. Am Mittwoch kommt es zum direkten Vergleich. Kühbauer: "Salzburg hat einfach zu viel Qualität." Transparente sind erlaubt, allerdings wird genauer hingeschaut. Was sicher ginge: "Der Ball ist rund, hoffentlich bleiben wir gesund." (Christian Hackl, 22.6.2020)