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Bei ihren jüngsten Leaks veröffentlichten die Aktivisten hinter dem Label DDoS interne Unterlagen von US-Polizeidienststellen, dem FBI und anderen Behörden.

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Der jüngste Coup gelang den Aktivisten am vergangenen Freitag. Sie stellten einen 269 Gigabyte großen Datensatz ins Netz, unter den hunderttausenden Dokumenten finden sich interne Unterlagen von US-Polizeidienststellen, dem FBI und anderen Behörden – darunter ein Bericht darüber, dass sich Neonazis bei den gewaltsamen Protesten nach der Tötung von George Floyd durch Polizisten in Minneapolis als "Antifa" ausgaben, um die Stimmung anzuheizen.

Schon seit Monaten werden unter dem Label "Distributed Denial of Secrets (DDoS)" geheime Dokumente veröffentlicht, deren Herkunft zumindest teilweise zweifelhaft ist. Der Name spielt auf Onlineattacken an, die mit gezielten Massenanfragen Websites lahmlegen. Das Projekt hat die Nachfolge der Enthüllungsplattform Wikileaks angetreten. Wie auch schon Wikileaks arbeitet das "Transparenz-Kollektiv", wie sich die Aktivisten selbst bezeichnen, mit namhaften Medien zusammen.

Gemeinsam mit dem "Spiegel" veröffentlichten sie Ende Mai vertrauliche Unterlagen aus dem Unternehmensregister der Bahamas. Die Daten zeigen, wer in einer der bekanntesten Steueroasen der Welt eine Firma oder einen Briefkasten unterhält oder daran beteiligt war. Nichts davon war bislang bekannt. In Österreich fand diese Veröffentlichung bisher wenig Beachtung, obwohl sich in 100 Dokumenten entsprechende Bezüge finden. Auf Steuerrecht spezialisierte Anwälte tauchen darin ebenso auf wie Manager, Finanzexperten und die Wiener Außenstelle einer russischen Bank. Oder der flüchtige Gründer eines Touristikunternehmens. Alle vom STANDARD befragten erwähnten Personen wollten sich nicht dazu äußern, warum sie an Firmen in der Karibik beteiligt sind.

Steueroasen das Wasser abgraben

Das könnte sich bald ändern. Das Wiener Finanzministerium "prüft derzeit die Dokumente", heißt es dazu auf STANDARD-Anfrage. In der Stellungnahme wird auch betont, dass man nichts von Steueroasen halte, da mit deren Hilfe unter anderem Steuervermeidung, Geldwäsche und andere kriminelle Handlungen verschleiert werden.

Derartige Ermittlungen sind ein erklärtes Ziel der DDoS-Aktivisten. Sie wollen Steueroasen das Wasser abgraben, wie eine Aktivistin sagt. Sie bezeichnet Steuerflucht als eines der großen Probleme dieser Welt. Mittlerweile hat die Veröffentlichung des Firmenregisters auch die Behörden der Bahamas auf den Plan gerufen. Sie ermitteln gegen die Aktivisten wegen Datendiebstahls.

Die Karibik bietet Privatpersonen und Konzernen aus dem Ausland ein Rundumsorglospaket für ihr Geld. Es gibt keine Körperschaftsteuer, ebenso wenig Abgaben auf Kapitalerträge, Vermögen oder Erbschaften. Auf dem Papier haben sich hier Tausende von Unternehmen niedergelassen. Eine Firma oder einen Briefkasten auf den Bahamas zu unterhalten ist legal und deutet per se nicht auf illegale Machenschaften hin.

"Notgroschen" auf den Bahamas

Im Zuge der Recherchen stieß der "Spiegel" auf einige prominente Namen aus Deutschland. So unterhielten die beiden BMW-Hauptaktionäre Susanne Klatten und Stefan Quandt von 1985 bis 2005 jeweils eine Firma auf den Bahamas. Ein "Notgroschen" in Höhe eines "kleineren zweistelligen Millionenbetrags", wie dem "Spiegel" erklärt wurde. Wie das DDoS-Kollektiv an die Daten gelangt ist, verrät es nicht. Whistleblower können über ihre Webseite mit ihm Kontakt aufnehmen. Die Aktivisten treten nicht nur anonym auf. Manche Mitglieder haben einen journalistischen Hintergrund, einige sind IT-Experten, andere bezeichnen sich als Hacker. Die bekannteste Aktivistin der Gruppe ist Emma Best, die vor Jahren auch schon mit Wikileaks-Gründer Julian Assange zusammenarbeitete. Sie und die anderen Aktivisten lassen nur wenig Zweifel über ihre politische Einstellung aufkommen. Sie geben sich antifaschistisch, antirassistisch, antisexistisch und stehen mit dem Kapitalismus auf Kriegsfuß. So ist ihre aktuellste Veröffentlichung als Teil der Proteste gegen die rassistische Polizeigewalt in den USA zu sehen. In den vergangenen Monaten veröffentlichten sie Kundendaten einer Offshorebank und Chatprotokolle von Neonazis. (Markus Sulzbacher, 24.6.2020)