Ein Roter Zwerg samt Planet, auf dem Wind (Pfeile) und Staubansammlungen (farbiges Feld) für einen gewissen Temperaturausgleich sorgen.
Illustration: Denis Sergeev/ University of Exeter

Den fiktiven Wüstenplaneten Dune aus Frank Herberts gleichnamiger Science-Fiction-Saga führt die Universität Exeter als Beispiel dafür an, wie Sand respektive mineralischer Staub in der Atmosphäre einen Planeten lebensfreundlich machen könnte. "Freundlich" sind die Bedingungen auf Dune zwar nur bei großzügiger Auslegung des Begriffs. Und abgesehen von eingewanderten Menschen ist das dortige Ökosystem auch recht spärlich besetzt – aber besser als nichts. Und im realen Universum könnte ein planetarer Staubschleier ebenfalls von Nutzen sein, berichteten die Forscher aus Exeter im Fachmagazin "Nature Communications".

Zwei gegensätzliche Wirkungen, derselbe (erhoffte) Effekt

Das Team um Ian Boutle führte eine Reihe von Simulationen mit erdgroßen Exoplaneten durch und berechnete anhand komplexer Klimamodelle, wie sich große Mengen atmosphärischen Staubs auswirken würden. Dessen grundsätzliche Konsequenzen kennt man von der Erde: Zum einen kühlt er, weil er weniger Sonnenlicht zur Planetenoberfläche durchlässt. Umgekehrt hält er aber auch warm, da er nachts weniger Infrarotstrahlung in den Weltraum entweichen lässt.

In Summe, so Boutle, überwiegt auf einer Welt wie der Erde der Kühlungseffekt. Das kann unter anderen Rahmenbedingungen aber etwas anders aussehen – vor allem wenn ein Planet gleichsam in zwei unterschiedliche Welten zerfällt. Und das dürfte im Universum gar nicht so selten der Fall sein: Rote Zwerge, die erst spät in den Fokus von Astrobiologen geraten sind, geben viel weniger Strahlung ab als unsere Sonne. Ihre habitable Zone, also der Bereich, in dem Wasser in flüssiger Form vorkommen könnte, liegt daher wesentlich enger um sie herum als der Abstand zwischen Sonne und Erde.

Ein Planet, der auf einer so engen Bahn um seinen Stern zieht, würde sich aber höchstwahrscheinlich wie der Erdmond in gebundener Rotation befinden und seinem stellaren Gegenüber immer dieselbe Seite zuwenden. Die Folge: Eine Hemisphäre ist dauerhaft hell und heiß, die andere durchgehend dunkel und eisig. Keine sonderlich lebensfreundliche Ausgangslage, sollte man meinen.

Wer weiß, wer weiß ...
Foto: Gollancz/Orion

Der ausgleichende Faktor

Bislang sind Wissenschafter davon ausgegangen, dass sich Leben auf einem solchen Planeten wohl nur in der schmalen Übergangszone zwischen den Extremen der beiden Hemisphären entwickeln könnte. Nun führen Boutle und seine Kollegen aber den Staub ins Feld: Der würde die Hitze auf der Tagseite abmildern und zugleich die Nachtseite wie eine Isolationsschicht wärmer halten, als es bei klarem Himmel der Fall wäre. Es würde also zu einem gewissen Temperaturausgleich kommen, und das Leben hätte mehr Platz als gedacht. Und da Rote Zwerge die mit Abstand häufigste Sternklasse in der Milchstraße sind, würde das die Chancen auf extraterrestrisches Leben insgesamt beträchtlich erhöhen.

Der gleiche Effekt käme laut den Forschern auch bei Planeten zum Tragen, die sich am Rande der habitablen Zone befinden. Zum Beispiel am inneren Rand wie die Venus, die ja von ihren Dimensionen her eine Zwillingsschwester der Erde ist – und dennoch eine Höllenwelt. (Im vergangenen Jahr wurde übrigens in einer Studie die Hypothese präsentiert, dass der Wechsel von der Erdähnlichkeit zum heutigen Erscheinungsbild die Venus erst vor relativ kurzer Zeit ereilt haben könnte.)

Ein Staubschleier würde einen Prozess, wie er auf der Venus stattgefunden hat, verlangsamen und damit das Zeitfenster für Leben vergrößern. Die Forscher weisen darauf hin, dass hier eine negative Feedbackschleife besteht: Hitze lässt die Wasservorkommen sukzessive verdunsten und den Planeten austrocknen. Dadurch erhöht sich aber die Menge an atmosphärischem Staub, und der – letztlich unaufhaltsame – Vorgang wird etwas eingebremst.

Vor- und Nachteile

Insgesamt zieht das Team um Boutle die Bilanz, dass der bislang völlig vernachlässigte Faktor atmosphärischer Staub tendenziell lebensbegünstigend sei und deshalb in der Suche nach außerirdischem Leben unbedingt berücksichtigt werden sollte. Leider hat das Ganze aber auch einen Pferdefuß: Je staubverhangener eine Atmosphäre ist, desto schwieriger wird es auch, darin potenzielle Biomarker – etwa Methan – aufzuspüren. (jdo, 28. 6. 2020)