Wladimir Putin macht mit Militärparade und Rede an die Nation Stimmung für das Referendum, bei dem seine Regentschaft abgesichert werden soll.

Foto: Photo by Pavel Golovkin / POOL / AFP

Mit einer Militärparade und einer Ansprache an die Nation macht Wladimir Putin Stimmung für das anstehende Referendum. Neben nationaler Euphorie sollen auch soziale Versprechen die Russen an die Wahlurnen treiben.

Der Kremlchef schlägt den Bürgern quasi die Wiederauflage des Pakts der ersten Putin-Jahre vor: sozialer Wohlstand im Austausch gegen politische Unmündigkeit. Damals hatte der Staat nicht nur die regelmäßigen Zahlungen an die in den 90er-Jahren sträflich vergessenen Pensionisten und staatlichen Angestellten wiederaufgenommen, sondern auch die Bedingungen für ein rasches Wirtschaftswachstum geschaffen – natürlich auch dank Hilfe durch die rapide steigenden Ölpreise. Dafür ließen die Russen Putin politisch gewähren. Keineswegs nur gegen Oligarchen, sondern auch gegen kritische Medien und NGOs.

Die Versprechen jetzt sind bescheidener: Hypothekenrabatte, Einmalzahlungen an Familien mit Kindern, um über die Corona-Krise zu kommen, und Steuervergünstigungen für die IT-Industrie, die zum neuen Zugpferd der Wirtschaft werden soll.

Die Gegenleistung aber bleibt die gleiche: Die Russen sollen sich aus der Politik heraushalten, auf den verfassungsrechtlich gesicherten Wandel verzichten und Putins Regentschaft "für alle Ewigkeit" absegnen. Das Kalkül könnte – zumindest vorerst – aufgehen. Freiheit ist für die meisten Menschen ein abstraktes Gut, auf die angebotenen Soforthilfen sind hingegen viele Russen angewiesen. (André Ballin, 24.6.2020)