Medizinisches Personal klopft in Melbourne an Türen, um die Bewohner zu testen – und zu prüfen, ob sie Symptome aufweisen.

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Die australische Regierung kündigte am Donnerstag an, rund 1.000 Soldaten nach Melbourne zu schicken. Dort sollen sie im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus eingesetzt werden. 850 Wehrkräfte sollen Einreisende aus dem Ausland in Hotels bewachen, wo sie die gesetzlich vorgeschriebene Quarantänezeit von 14 Tagen absitzen müssen. Die restlichen Streitkräfte würden für Corona-Tests eingesetzt.

Ausgelöst hatte den einzigartigen Einsatz ein Anstieg der Zahl von Neuinfektionen im südlichen Bundesstaat Victoria. Rund 150 neue Corona-Fälle wurden dort in den vergangenen Tagen gemeldet. Mehrere Bezirke der zweitgrößten Stadt Australiens wurden zu sogenannten "Hotspots" erklärt. Offenbar sind Versammlungen mehrerer Großfamilien einer der Gründe für den Anstieg der Zahl der Infizierten. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, Pläne für Urlaubsreisen aufzugeben und zu Hause zu bleiben. Im benachbarten Bundesstaat New South Wales stornierten Hotels Buchungen von Gästen aus dem Süden.

Folgen für die Wirtschaft

Bis Donnerstag sind in Australien etwa 7.500 Infektionsfälle registriert worden. 103 Menschen starben an den Folgen der Krankheit. Experten machen die Schließung der Landesgrenzen und die strikten Quarantänevorschriften für die vergleichsweise guten Zahlen verantwortlich. Restriktionen rund um das Abstandhalten zu anderen Personen und andere Einschränkungen wurden in einigen Landesteilen bereits gelockert.

Die Schließung der Grenzen und die praktisch vollständige Stilllegung des internationalen Flugverkehrs haben Folgen für die Wirtschaft. So kündigte die australische Fluggesellschaft Qantas Airways am Donnerstag die Streichung von mindestens 6.000 der insgesamt 29.000 Arbeitsplätze an.

Starke Einsparungen bei Qantas

"Wir müssen uns für mehrere Jahre positionieren, wenn der Umsatz viel niedriger ausfällt", so Qantas-Geschäftsführer Alan Joyce, "und das bedeutet, kurzfristig eine viel kleinere Fluggesellschaft zu werden." Joyce stellte einen Dreijahresplan vor, der zum Ziel habe, die Zukunft des in diesem Jahr sein Hundert-Jahre-Jubiläum feiernden Unternehmens zu sichern. Wie Joyce sagte, würden neben der Entlassung von mindestens 20 Prozent der Angestellten weitere 15.000 Mitarbeiter vorübergehend freigestellt. Dies, bis der internationale Flugverkehr wieder zunehme. Etwa 100 Flugzeuge würden bis zu einem Jahr im Heimatland am Boden bleiben oder sogar noch länger. Offenbar geht Joyce davon aus, dass die Grenzen – zumindest für Touristen – bis Juli 2021 gesperrt bleiben.

Die letzten sechs Boeing-747-Jumbojets der Qantas-Flotte sollen zudem sofort entsorgt werden und nicht erst in sechs Monaten, wie bisher geplant war. Über die Abschreibung ihrer bereits stillgelegten A380-Airbus-Flotte will Qantas zudem bis zu eine Milliarde Euro aufbringen. Auf diese Weise solle die Liquidität der Gruppe gesichert werden.

Neben Qantas sind auch Virgin Australia und die Inlandfluglinie Rex von der Verfügung der australischen Regierung massiv betroffen, die Grenzen des Landes geschlossen zu halten. Obwohl inzwischen Ausnahmeregeln für ausländische Studenten diskutiert werden, scheint eine Öffnung der Grenzen für Touristen und Geschäftsleute noch lange nicht realisierbar zu sein. Premierminister Scott Morrison hatte jüngst in Aussicht gestellt, die Grenzen könnten noch bis Ende dieses Jahres geschlossen bleiben. Tausende von Firmen, die vom internationalem Tourismus abhängig sind, stehen am Rande des finanziellen Ruins oder sind bereits bankrottgegangen. (Urs Wälterlin aus Sydney, 25.6.2020)