Speiseöle haben unterschiedliche Eigenschaften. Hitze mögen die wenigsten.

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Apfelbäume, Wiesen, Felder, sanfte Hügel und schattenspendende Waldstücke: Lässt man den Naturpark Pöllauertal in der Steiermark, das schmucke Örtchen Pöllau und die Tankstelle links liegen, taucht hinter einem Hügel ein ungewöhnlicher Bau aus Sichtbeton und Holz auf.

Es ist die Ölmühle Fandler, die zeigt, wie moderne Architektur in Harmonie neben Marterl, Mandelbaum und Heustadl funktionieren kann. Hier werden die Erträge aus den umliegenden Feldern zu Öl verarbeitet: Hanf-, Mohn-, Raps-, Distel-, aber auch Exotischeres wie Walnuss- oder Traubenkernöle. Das Sortiment umfasst 17 verschiedene reinsortige Öle. Jedes wird im Stempelpressverfahren hergestellt, das ist schonender für die Kerne. Und natürlich wird hier kalt gepresst, sagt Geschäftsführer Josef Spindler, des Geschmack und der Qualität wegen. Um Öl zu gewinnen, muss man die Kerne erwärmen. Je höher die Temperatur, umso größer die Ausbeute, aber umso weniger die guten Inhaltsstoffe, die hochwertiges Öl mit sich bringt.

Bitte keine Angst vor Fett

Wenn sie einen Wunsch frei hätte, dann würde sie den Menschen die Angst vor dem Fett nehmen, sagt Julia Fandler, die mit Spindler und einem weiteren Geschäftsführer die Ölmühle betreibt, deren hochwertige Öle neben Österreich noch in 27 weitere Länder geliefert werden,

Fett, sagt Fandler, sei für den Körper nichts Schlechtes, sondern sogar sehr wichtig. Man unterscheidet zwischen gesättigten und ungesättigten Fettsäuren oder, anders gesagt, zwischen bösen und guten Fetten. Die gesättigten Fette und sogenannten Transfette gelten als schlecht, da sie unter anderem die Cholesterinwerte im Blut erhöhen. Gut sind die einfach ungesättigten und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Die einfach ungesättigten kann der Körper selbst bilden, die mehrfach ungesättigten nicht. Zu ihnen gehören die Omega-3- und die Omega-6-Fettsäuren. Diese sind für unseren Organismus essenziell und müssen über die Nahrung aufgenommen werden. Gut gemachtes Walnuss-, Lein-, Hanf-, Raps- und Olivenöl strotzt nur so davon.

Keine Angst vor Fett
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Außerdem schmeckt es besser, wenn man mit edlen Ölen kocht. Vom hochwertigen Öl reichen ein paar Spritzer, um gefinkelte Küchenakzente zu setzen. Ohne Haselnuss-Öl käme ihr keine Palatschinke mehr auf den Tisch, sagt Fandler. Das gilt auch für die 45 Mitarbeiter, die sich jeden Tag zum gemeinsamen Mittagessen mit Blick auf den Schaugarten einfinden.

Bei Fandler bemüht man sich, Kreisläufe einzuhalten. Deshalb fertigt man aus den Presskuchen, die aus dem Rohprodukt wie beispielsweise Hanf übrigbleiben, Mehl, aus dem wieder ein nahes Unternehmen Nudeln dreht. Nur dem in der Region typischen Apfel konnte man noch kein Öl entlocken. Dafür wurde in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Graz das Geheimnis der Steinobstkerne geknackt, erzählt Spindler. Das Ergebnis kommt im August erstmals als Zwetschken-, Kirschen- und Marillenöl auf den Markt.

Vom Essig zum Öl

Auch der Essigbauer Erwin Gegenbauer setzt im 10. Wiener Bezirk auf Kreislaufwirtschaft. Und nein, der Schmerz, dass seine Essige zur Vermählung mit minderwertigem Öl gezwungen werden könnten, war für ihn nicht der finale Antrieb, um unter die Ölmacher zu gehen: "Das war schon der Anspruch, so viel wie möglich vom Produkt zu verwerten."

Eineinhalb Tonnen Himbeeren aus der Essigproduktion ergeben 35 Kilogramm Kerne und somit einen Liter Himbeeröl. "Das ist keine reiche Ausbeute, aber ich habe die Kerne ja", sagt Gegenbauer. Beträufelt jemand eine pochierte Forelle mit ein paar Tropfen seines Himbeeröls, so sei er glücklich, sagt der Kernchenzähler.

Und selbst wenn der Anteil des beerigen Öls am österreichischen Pro-Kopf-Verbrauch von 14 Kilogramm Öl im Jahr nach wie vor verschwindend gering sein dürfte: Es zahlt sich doch aus, den Verbrauch an guten Speiseölen insgesamt zu steigern.

Welches Öl passt wozu?

Olivenöl

Mit knapp einem Kilo Olivenölverbrauch pro Jahr und Person ist die grüne Frucht Ölkaiser in Österreich. Es verfügt über eine einzigartige Zusammensetzung gesunder Fette und kann für fast alles verwendet werden – sowohl für die kalte als auch für die warme Küche. Es lässt sich gut erwärmen, die Inhaltsstoffe bleiben. Richtig gut ist frisches Öl, und das gibt es von Oktober bis März. Beim Kauf darauf achten, dass es sich um ein "natives Olivenöl extra" beziehungsweise "Olivenöl nativ extra" handelt.

Himbeeröl

Beinahe alles enthält einen gewissen Anteil an Fett – sogar die winzigen Kerne der Himbeeren. Freilich dient das daraus gewonnene Öl in der Küche eher dem Setzen von spannend fruchtigen Akzenten bei himbeerigen Desserts, aber auch im Zusammenspiel mit Fisch und Meeresfrüchten punktet es. In der Produktion wäre ein reines Herstellen von Himbeeröl ein wenig gewinnträchtiges Unterfangen. Aber wenn die Kerne aus einer anderen vorangehenden Produktion stammen – warum nicht.

Erdnussöl

Soll es richtig heiß zur Sache gehen, dann liefert das Erdnussöl nussig-erdige Noten, bis das Fleisch durch und der Brokkoli gar ist. In Kombination mit Wok-Gerichten oder auch als Bratunterlage von Gemüselaibchen lässt das Erdnussöl Laibchen und Koch nicht im Stich. Das Erdnussöl kann aber auch auf kühl machen. So sind ihm besonders Nudel- und Gemüsesalate schon zuhauf verfallen. Sei es der ungesättigten Fettsäuren oder des nussigen Geschmacks wegen: Das Erdnussöl ist es gewohnt, gut anzukommen.

Traubenkernöl

Was mit Himbeeren geht, funktioniert auch mit Traubenkernen aus der Weinproduktion. 120 Kilo Trester ergeben zwölf Kilo Kerne, daraus entsteht ein Liter Öl. Für den Körper liefert es einen hohen Anteil an Linolsäure, die gut für Haut und Zelle ist. Mit der Hitze sollte man es nicht übertreiben. Man kann es aber durchaus in der Pfanne so halten, dass das weiße Traubenkernöl in Symbiose mit Meeresfrüchten und Fisch geht. Das rote Traubenkernöl fühlt sich in Begleitung von Wild und Rind wohl.

Hanföl

Hanf ist gesund, wird sogar als Medizinprodukt eingesetzt. Auch als Öl überzeugt die Heilpflanze. Ungesättigte Fettsäuren wirken gut für den Bauch, kleine Mengen an Gamma-Linolensäure helfen der Haut. Die grasigen Noten im Geschmack kommen am besten in Kombination mit Gemüse wie Lauch, Rucola und Bohnenschoten zur Geltung. Ein bisschen mehr Hitze verträgt das Hanföl als sein Kompagnon, das Leinöl. In die Pfanne mag es aber trotzdem nicht. Dann rächt es sich und verduftet ...

Mohnöl

Paradeiser mit Mozzarella kommen mit Olivenöl, richtig? Und wenn Sie einmal ein Mohnöl über die rot-weiß-rote Pracht träufeln? Vertrauen Sie uns: Ab dann werden Sie nie mehr etwas anderes wollen. Außer Sie brauchen das Mohnöl für eine Mohnpotitze, mit der Sie sogar Ihre Oma beeindrucken wollen. Die wird nämlich ob des feinen Mohnaromas erstaunt sein. Auch dieses Öl mag keine Hitze. Das ist bei der Caprese weniger ein Problem, bei der Potitze punktet das Öl am besten, wenn man in der Zielgeraden träufelt.

Leinöl

Gilt als Diva unter den Ölen. Denn Hitze, und da fällt Raumtemperatur schon für das Leinöl aus Leinsamen hinein, mag es nicht. Behandelt man das Öl nach seinen Ansprüchen, bewahrt es im Kühlschrank auf und verbraucht es innerhalb weniger Monate, so dankt es das Leinöl mit einer geballten Ladung an Omega-3, und Omega-6-Fettsäuren sowie einem fein-würzigen Geschmack. Der kommt in Kombination mit Tomaten- oder Endiviensalat, Aufstrichen und im Müsli oder Smoothie besonders zur Geltung.

(Nina Wessely, 24.6.2020)