Stürmische Zeiten für die Lufthansa. Die deutsche Airline war im Zuge der Corona-Krise schwer ins Trudeln geraten.

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Als sich Lufthansa-Chef Carsten Spohr Donnerstagmittag per Video an die Aktionäre der Airline wendet, ist er nicht mehr so angespannt wie in den letzten Tagen. Denn zwölf Stunden vor der entscheidenden Hauptversammlung hat der größte Einzelaktionär, der deutsche Unternehmer Heinz Hermann Thiele (hier im STANDARD als Kopf des Tages), bereits erklärt, dass er doch seine Zustimmung zum staatlichen Rettungspaket geben wird – und damit auch zu mehr Einfluss des deutschen Staates auf die Fluglinie.

Sicher, dass sich Thiele daran hält, konnte Spohr da natürlich noch nicht sein, nun aber steht fest: Die Aktionäre haben dem Einstieg des deutschen Staates und damit der Rettung der Airline zugestimmt. Das meldeten mehrere Medien am Donnerstagnachmittag einhellig. 98 Prozent lautete das Ausmaß der Zustimmung.

Appelle der Konzernführung

Spohr hatte noch einmal eindringlich an alle Aktionäre appelliert: "Wir bitten Sie um die Zustimmung, das bedeutet nichts weniger als die Zustimmung zur Rettung der deutschen Lufthansa. Eine Insolvenz der Lufthansa hätte für Sie den nahezu vollständigen Verlust Ihres Aktienpakets zur Folge."

Neun Milliarden Euro stellt der Staat zur Verfügung, um der wegen Corona schwer angeschlagenen AUA-Mutter zu helfen. Doch damit sind Auflagen verbunden. 20 Prozent der Aktien gehen an den Staat, ebenfalls zwei Stellen im Aufsichtsrat. Auch die Zustimmung der EU-Kommission, die am Donnerstag noch vor der entscheidenden Aktionärsversammlung erfolgte, ist an Bedingungen geknüpft. Die Lufthansa muss Start- und Landerechte in München wie in Frankfurt aufgeben.

Nicht gut verhandelt

Als härtester Brocken erwies sich aber die Bewilligung durch die Aktionäre. Unternehmer Thiele, der seinen Anteil an der Fluglinie erst kürzlich auf 15 Prozent aufgestockt hatte, drohte die Zustimmung zu verweigern. Seiner Meinung nach hatte Spohr nicht gut genug mit der deutschen Regierung verhandelt. Und da sich für die Online-Abstimmung der Aktionäre nur 38 Prozent der Stimmrechte angemeldet hatten, war Thieles Ja vonnöten, um die nötige Zweidrittelmehrheit zu erreichen.

Spekuliert wird, dass sich der 79-jährige Thiele, der auch Hauptaktionär des Bremssystemherstellers Knorr-Bremse und des Bahntechnikkonzerns Vossloh ist, dann doch finanziell nicht zugetraut hat, bei einer Insolvenz zuzugreifen und die Airline allein zu retten.

Die deutsche Regierung reagierte erleichtert auf die Annahme des Rettungspakets. Finanzminister Olaf Scholz sprach wie Wirtschaftsminister Peter Altmaier von einer guten Nachricht für das Unternehmen und die Mitarbeiter. Jetzt habe die Lufthansa eine Perspektive und könne die Krise überwinden, sagte Scholz. "Dieses Investment darf am Ende nicht zulasten der Staatskasse ausgehen." Es sei auch ein Engagement auf Zeit. Der Staat hoffe auf einen "kleinen Gewinn" durch seine Hilfen mit Krediten und Eigenkapital.

"Wir werden uns nicht in das operative Geschäft einmischen", bekräftigte Altmaier. "Diese Beteiligung wird keinen Tag länger bestehen, als notwendig ist, um die Lufthansa wieder zu ihrem alten Erfolg zurückzuführen."

Einigung mit Gewerkschaft

Schon vor Beginn der Hauptversammlung hatte sich die Lufthansa mit der Flugbegleitergewerkschaft Ufo auf ein Sparpaket mit einem Volumen von 500 Millionen Euro geeinigt. Dieses beinhaltet das Aussetzen von Vergütungsanhebungen, eine Flugstundenabsenkung bei entsprechender Reduzierung der Vergütung sowie temporär reduzierte Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung. Dazu gehört auch ein vierjähriger Kündigungsschutz.

Ufo-Vorsitzender Daniel Flohr betonte, die Gewerkschaft und die Airline hätten nach Jahren heftiger Auseinandersetzungen nun "verantwortungsvolle Handlungsfähigkeit" bewiesen. (Birgit Baumann aus Berlin, red, 25.6.2020)