Im Jemen könnten bis zu 30.000 Kinder unter fünf Jahren an den Folgen von Hunger sterben, warnt die UN-Hilfsorganisation Unicef.

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Sanaa – Wegen fehlender Hilfsgelder sind im Bürgerkriegsland Jemen nach Angaben der Hilfsorganisation Unicef immer mehr Kinder vom Hungertod bedroht. In den kommenden sechs Monaten könnten dort weitere 30.000 Kinder von lebensbedrohlicher akuter Mangelernährung betroffen sein, warnte Unicef am Freitag.

Die Zahl mangelernährter Kinder unter fünf Jahren könnte auf 2,4 Millionen steigen, hieß es weiter. Das entspreche fast der Hälfte aller jemenitischen Kinder in dieser Altersgruppe. Das zerstörte Gesundheitssystem und die Infrastruktur seien zugleich mit der Corona-Pandemie vollkommen überfordert.

"Viele werden sterben"

Wenn nicht bis Ende August zusätzliche Hilfsgelder in Millionenhöhe bereitständen, drohe eine Katastrophe. "Man kann das ganze Ausmaß dieser weltweit schlimmsten humanitären Krise kaum übertreiben", erklärte Sara Beysolow Nyanti, Leiterin von Unicef Jemen. "Wenn wir dringend benötigte Finanzmittel nicht erhalten, werden die Kinder an den Rand einer Hungersnot gedrängt und viele werden sterben."

Im Jemen auf der arabischen Halbinsel tobt seit fast sechs Jahren ein Bürgerkrieg. Die Huthi-Rebellen kämpfen mit Unterstützung des Iran gegen die international anerkannte Regierung, die von Saudi-Arabien unterstützt wird. Eine von Riad angeführte Koalition fliegt im Jemen regelmäßig Angriffe. Immer wieder gibt es dabei auch solche, die als Kriegsverbrechen zu klassifizieren sind. Auch den Huthis werden schwere Verstöße gegen Kriegs- und Menschenrecht vorgeworfen.

Die Huthis werfen Saudi-Arabien vor, die Häfen und Flughäfen zu blockieren und so das Leid zu vergrößern. Die Rebellen wurden in der Vergangenheit beschuldigt, Hilfslieferungen zu unterschlagen.

Hohe Corona-Dunkelziffer

Hilfsorganisationen klagen über zu wenig Geld für ihre Programme im Jemen. Das Welternährungsprogramm WFP kündigte im April trotz der dramatischen Lage an, seine Hilfe für das Bürgerkriegsland aus Geldmangel drastisch zu kürzen. Anfang Juni sagten 30 Staaten bei einer Geberkonferenz Hilfen in Höhe von 1,35 Milliarden Dollar (1,21 Mrd. Euro) zu – das ist gut die Hälfte der bis zum Jahresende benötigten Summe. UN-Nothilfekoordinator Mark Lowcock erklärte anschließend, man könne mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein.

Im Jemen haben sich bisher nach offiziellen Angaben etwas mehr als 1000 Menschen mit dem Coronavirus infiziert und es gab mehr als 270 Tote. Die Dunkelziffer der Infizierungen dürfte deutlich höher sein. (APA, red, 26.6.2020)