Nach andauernden Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus werden weitere Todesfälle unbewaffneter Schwarzer bei Polizeieinsätzen untersucht.

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US-Präsident Donald Trump hat den Sturz von Statuen bei den Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt in den USA in Zusammenhang mit Terrorismus gebracht. Trump drohte Demonstranten, die versuchten, Statuen historischer Figuren in den USA zu Fall zu bringen, am Donnerstagabend (Ortszeit) im Sender Fox News mit schwerwiegenden Konsequenzen.

"Jede Nacht werden wir härter und härter vorgehen", sagte Trump. "Und irgendwann wird es Vergeltung geben." Diese Demonstranten seien Vandalen und Anstifter – in Wahrheit seien sie aber "in gewisser Weise Terroristen".

Weitere Todesfälle werden untersucht

In den USA werden weitere Todesfälle unbewaffneter Schwarzer bei Polizeieinsätzen untersucht: In Colorado ordnete der Gouverneur eine Untersuchung zum Tod eines Afroamerikaners an, der im August 2019 von der Polizei in den Würgegriff genommen worden war. In Arizona reichte der Polizeichef seinen Rücktritt wegen des Todes eines Hispanoamerikaners bei einen Polizeieinsatz ein. In New York wurde erstmals ein Polizist von der Justiz wegen eines Würgegriffs formell beschuldigt.

Jarid Polis, Gouverneur von Colorado, versicherte am Donnerstag, dass die Untersuchung in die strafrechtliche Verfolgung von möglichen Verantwortlichen für den Tod des 23-jährigen Elijah McClain münden solle, sollte die Staatsanwaltschaft entsprechende Belege finden. Zuvor hatten drei Millionen Menschen in einer Petition eine Untersuchung des Vorfalls gefordert. McClain war drei Tage nach dem Polizeieinsatz in der Stadt Aurora gestorben. Dabei war der unbewaffnete Mann nicht nur gewürgt, sondern ihm auch ein Beruhigungsmittel gespritzt worden. Mit dem Einsatz hatte die Polizei auf einen Anruf reagiert, wonach sich ein Afroamerikaner "verrückt" in der Straße aufgeführt haben soll.

"Ich kann nicht atmen"

In Tucson (Arizona) war der 27-jährige Carlos Ingram-Lopez im April von drei Beamten zwölf Minuten lang mit dem Gesicht nach unten auf den Boden gedrückt worden, wie ein am Mittwoch verbreitetes Video zeigte. Es stammt von einer am Körper eines Polizisten angebrachten Kamera. Vor seinem Tod klagte Ingram-Lopez vergeblich "Ich kann nicht atmen" – ebenso wie der bei einen Polizeieinsatz Ende Mai in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota getötete George Floyd.

Floyds Tod löste weltweite Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus aus. Seine Worte "Ich kann nicht atmen" wurden dabei zum Slogan. Im Fall von Ingram-Lopez hatten die Polizisten auf einen Notruf seiner Großmutter reagiert. Sie fanden ihn nackt und in aufgebrachtem Zustand im Haus der Familie vor. Er habe vor Ort einen Herzstillstand erlitten, erklärte Polizeichef Chris Magnus auf einer Pressekonferenz. Gerichtsmediziner hätten bei dem 27-Jährigen einen hohen Kokaingehalt im Organismus sowie ein vergrößertes Herz festgestellt. Die genaue Todesursache habe aber nicht ermittelt werden können. Die beteiligten Beamten – nach Magnus' Worten Weiße und Schwarze – hätten einer internen Untersuchung zufolge während des Einsatzes aber gegen verschiedene Regeln der Behörde verstoßen.

Ebendieser Magnus gerät nun zusehends unter Druck, weil die Polizei den Fall nicht viel früher öffentlich gemacht hatte. Tucsons Bürgermeisterin Regina Romero lehnte am Donnerstag (Ortszeit) jedoch das Rücktrittsangebot von Polizeichef Chris Magnus ab, wie aus einer Erklärung auf Twitter hervorgeht. Sie wolle, dass er die von ihm angestoßenen Polizeireformen fortführe.

Dass das Video erst mit gut zwei Monaten Verzögerung veröffentlicht wurde, erklärte Magnus mit "fehlerhafter Kommunikation" innerhalb der Polizei sowie Verzögerungen wegen der Coronavirus-Pandemie. Er gestand ein, dass der Vorfall nicht zum Vertrauen in die Polizei beitrage.

Polizist stellt sich nach Strangulierung eines 35-jährigen Afroamerikaners

In New York hat sich der 39-jährige Beamte David Afanador nach dem Vorfall bei der Festnahme eines Schwarzen selbst gestellt, er müsse sich wegen Strangulierung und versuchter Strangulierung vor Gericht verantworten, teilte die Polizei der US-Metropole mit. Ihm drohen bis zu sieben Jahre Haft. Die Anklagepunkte lassen darauf schließen, dass der 35-jährige Afroamerikaner Ricky Bellevue bei der Festnahme im Stadtbezirk Queens kurzzeitig ohnmächtig geworden war.

Videoaufnahmen des Vorfalls hatten bereits darauf hingedeutet. Afanador war vom Dienst suspendiert worden, nachdem das Handy-Video bekannt geworden war. Darauf ist zu sehen, wie der hispanischstämmige Polizist den Schwarzen bei der Festnahme im Würgegriff hält. Laut Staatsanwaltschaft war die Polizei gerufen worden, weil jemand Passanten angeschrien hatte.

Repräsentantenhaus billigt Gesetz für Polizeireform

Einen Monat nach dem Tod von George Floyd hat das US-Repräsentantenhaus am Donnerstagabend (Ortszeit) jetzt einen Gesetzesentwurf gegen Polizeigewalt verabschiedet.

Das Repräsentantenhaus stimmte vor allem mit der Mehrheit der Demokraten in der Parlamentskammer für den Entwurf. Dieser sieht unter anderem vor, die Strafverfolgung von Polizisten bei Gewaltanwendung zu erleichtern. Der Entwurf dürfte in dieser Form allerdings kaum Aussichten darauf haben, tatsächlich zum Gesetz zu werden.

Eingeschränkte Immunität, kein Würgegriff

Nach dem nun vom Repräsentantenhaus verabschiedeten Entwurf soll die Immunität von Polizisten eingeschränkt werden, damit sie leichter zur Rechenschaft gezogen werden können. Außerdem sollen umstrittene Polizeimethoden wie Würgegriffe bei Festnahmen verboten werden. Körperkameras bei Polizisten sollen verstärkt zum Einsatz kommen. Das Weiße Haus hat aber deutlich gemacht, dass US-Präsident Donald Trump eine Einschränkung der Immunität von Polizisten nicht akzeptieren würde.

Damit der Entwurf Gesetz würde, müsste nach dem Repräsentantenhaus auch der Senat dafür stimmen. Trump müsste das Gesetz schließlich unterzeichnen, damit es in Kraft tritt. Im Senat haben Trumps Republikaner die Mehrheit. (APA, 26.6.2020)