Alex Katz "Coca Cola" (2019) aus einer Edition (60 Exemplare) und auf 35.000 bis 45.000 Euro geschätzt, blieb im Dorotheum (25.6.) unverkauft. Ob der Kunstmarkt dieses Jahr baden geht?

Foto: Dorotheum

Die "Leute" hätten "derzeit andere Sorgen als Kunstkäufe", stellte Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer Ende Mai treffend fest, als die Regierung die mit 90 Millionen Euro dotierte Überbrückungshilfe für freischaffende Künstler öffentlich machte. Ein Nebensatz, den manche verheißungsvoll interpretierten: dass vielleicht auch der wirtschaftliche Überlebenskampf des Kunsthandels endlich wahrgenommen würde.

Die rund 1100 Unternehmen mit ihren etwa 6000 Mitarbeitern müssen sich derzeit mit Überbrückungskrediten und Kurzarbeit behelfen. Die über diese Branche bislang generierten Steuereinnahmen sind vorerst Geschichte. Zuletzt erwirtschaftete das "Nischerl" mehr als 400 Millionen Euro Umsatz jährlich, bis zu gut 75 Prozent davon entfielen auf Auktionshäuser und Kunsthändler (Sekundärmarkt), etwa 25 Prozent auf das Galeriensegment (Primärmarkt).

Woran es hapert, dass der Kunstmarkt und seine Vertreter hierzulande in Zeiten der Not kaum Gehör finden? Die Antwort ist denkbar einfach: Er hat weder eine Lobby noch einflussreiche Fürsprecher. Denn wenn überhaupt, kochen die Standesvertretungen des Primär- und des Sekundärmarktes in der Wirtschaftskammer (WKO) oder dem Galerienverband seit Jahren ihre separaten Süppchen. So prekär konnte die Lage gar nicht sein, dass man zur Durchsetzung von Forderungen zur Ankurbelung des Marktes einen Schulterschluss wagte.

Einnahmenausfall

Worum es Mayer in ihrer Randbemerkung tatsächlich ging, waren natürlich die ausbleibenden Einnahmen von Künstlern: eine Folge des Lockdowns, zahlreicher Absagen von Kunstmessen und der gegenwärtig angelaufenen Wirtschaftskrise, die auch vielen potenziellen Kunstkäufern gehörig die Laune zu verderben droht.

Seitens des Ministeriums wurde noch im Mai das Ankaufsbudget der Sektion Bildende Kunst und Fotografie um 250.000 Euro auf insgesamt 600.000 Euro erhöht. Nun soll der Kulturbetrieb temporär ab 1. Juli und bis Ende des Jahres befristet von einer Reduktion der Umsatzsteuer von 13 auf fünf Prozent profitieren. Ein Anreiz, damit auch Private "mehr Geld in Kunst und Kultur investieren", betonte die Staatssekretärin im STANDARD-Interview.

Der entsprechende Gesetzesentwurf passierte dieser Tage den Finanzausschuss des Nationalrates, wo die Änderung des Umsatzsteuergesetzes nächste Woche im Plenum beschlossen werden soll. Dann bedarf es nur noch des Segens aus Brüssel, den die Regierung jedoch zeitnah erwartet. Steuerpolitisch betrachtet ist er ungewöhnlich: Denn den Unternehmern der betroffenen Branchen bleibt es überlassen, ob sie die Reduktion an die Konsumenten weitergeben oder die Differenz zu den üblichen Steuersätzen einbehalten, um bisherige Einnahmenausfälle geringfügig zu kompensieren.

Im Kunstbetrieb profitieren davon jedenfalls die Künstler: Verkaufen sie beispielsweise ein Werk um 10.000 Euro, müssen sie in den nächsten Monaten davon nur 500 statt bisher 1300 Euro an Steuern abführen. Auch Galerien kämen in diesen Genuss, wenn sie den Kaufpreis nicht um die achtprozentige Differenz reduzieren würden. Und der Kunsthandel?

Reduktion der Umsatzsteuer

Auch der gehört zu den Profiteuren, heißt es aus der Rechtsabteilung der WKO. Denn dieser habe laut Horst Szaal, Obmann des Landesgremiums Kunst- und Antiquitätenhandel in Wien, die Wahl zwischen der Differenz- oder der Normalbesteuerung. Bei ersterer Variante fällt die Umsatzsteuer nur für die Differenz zwischen Ein- und Verkaufspreis an. Aufgrund der temporären Senkung der Umsatzsteuer erweist sich die Normalbesteuerung als kaufmännisch günstiger.

Zu den im Gesetz erfassten Kunstgegenständen, für die der ermäßigte Steuersatz auch bei der Einfuhr gilt, gehören: Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen oder Collagen sowie Originalgrafiken sowie -erzeugnisse der Bildhauerkunst. Bei Tapisserien und Fotografie gilt es einschränkend für limitierte Auflagen. Ausgenommen davon sind jedenfalls Designobjekte oder Antiquitäten.

In der Praxis kann die Steuersenkung trotz Registrierkassenpflicht ohne nennenswerten Aufwand schnell umgesetzt werden. Entgegen anderslautenden Befürchtungen fallen dafür keine oder nur minimale Kosten an. Der Handel arbeitet mit einer Software, die nur eines Updates bedarf. Bis dahin kann laut Website des Finanzministeriums auf den Belegen eine Korrektur vorgenommen werden, händisch oder mittels eines Stempels.

Erste Kunstmessen

Ob man in diesem Geschäftsjahr dennoch baden geht, hängt von der Motivation potenzieller Käufer ab, die sich zuletzt vielfach online bedienten. Der Verkauf übers Internet war über viele Jahre hinweg nur einer von mehreren Vertriebswegen. Die Covid-19-Pandemie bescherte die Kehrtwende.

Noch vor einem Jahr mochte man die Inszenierung virtueller Showrooms belächelt haben, nun erfüllten sie als Behelf für die endgültig abgesagte Art Basel teilweise ihren Zweck. Eine Kunstmesse, die wesentlich vom mündlichen Austausch zwischen dem Publikum und den Ausstellern lebt, kann durch solche Plattformen allerdings nicht ersetzt werden.

Seit 15. Juni sind Messen – unter gewissen Auflagen – in Österreich wieder erlaubt. Veranstalter müssen dazu Sicherheitskonzepte erarbeiten und den Behörden zur Prüfung vorlegen. Die Genehmigung wird quasi unter Vorbehalt erteilt: Sollten sich die Umstände ändern, können solche Veranstaltungen kurzfristig untersagt werden.

Ein wirtschaftliches Risiko, das sowohl Veranstalter als auch Galerien und Kunsthändler in Kauf nehmen müssen. Ein Knackpunkt sind dabei Vorauszahlungen für die Teilnahme, die im Fall der Fälle nur teils refundiert werden. Das hängt auch davon ab, ob die Absage im Vorfeld erfolgt oder die Messe während der Laufzeit abgebrochen würde.

In einem ersten Schritt stehen im August in Salzburg zwei Messen auf dem Programm: einerseits die Salzburg International Art Fair (SIAF) auf einem Terminal am Flughafen Salzburg (5. bis 9. 8.) und andererseits die Art & Antique Residenzhof Salzburg (8. bis 16. 8.). (Olga Kronsteiner, 27.6.2020)