Ein Kanzleramtsmitarbeiter schredderte bei der Firma Reißwolf – der Beginn der "Schredderaffäre"

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Die Schredder-Affäre war bereits Thema im parlamentarischen Ibiza-U-Ausschuss. Dabei geht es um unübliches Schreddern von Festplatten aus dem Kanzleramt (nach Ende von Türkis-Blau), das aufflog, weil der Mitarbeiter die Rechnung nicht beglichen hatte. In der Causa ermittelte die Soko Tape, auch jener Beamte, der Heinz-Christian Strache Fan-SMS ("Die Republik braucht dich") schrieb.

Dass die Unterlagen der WKStA zur Schredder-Affäre dem U-Ausschuss vorliegen, ist gar nicht selbstverständlich. Die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien wollte das nämlich per Weisung verhindern. Das erschließt sich aus Unterlagen, die dem U-Ausschuss vorliegen. Demnach wollte die WKStA den Schredder-Akt an den U-Ausschuss liefern. Sie hatte die Ermittlungen zur Causa zunächst geführt, bis sie sie auf Basis einer – ungewöhnlicherweise in die Zukunft gerichteten und bedingten – Weisung an die StA Wien abgeben musste. Die stellte das Verfahren ein.

Schredder-Akt "nicht vorlegen"

Die OStA aber war gegen die Lieferung der Akten ins Parlament. Ihr Leiter Johann Fuchs schlug eine entsprechende Weisung an die WKStA vor. Die Behörde begründet das damit, dass sie eben keinen Konnex zwischen Schredderakt und Ibiza sehe. Laut Unterlagen schlug das am 3. April bei den Korruptionsermittlern auf. Es sei "soeben der Erlass der OStA eingelangt, wonach wir den Schredder-Akt (…) nicht vorlegen sollen", hieß es in einer internen Mail.

Das Abdrehen der Aktenlieferung drehte dann aber das Ministerium ab. Laut Strafsektionschef Christian Pilnacek hat er das veranlasst. Er habe "von Beginn an Bedenken gegen die Nicht-Vorlage" gehabt, die Fachsektion schriftlich informiert und die Sache mit dem Kabinett von Justizministerin Alma Zadic erörtert. Das habe seine Ansicht geteilt, woraufhin er die Fachsektion angewiesen habe, die OStA um Vorlage des Schredder-Akts beim U-Ausschuss zu ersuchen. All das sei nicht ungewöhnlich, sondern Ergebnis eines behördeninternen Willensbildungsprozesses bei rechtlich diffizilen Fragestellungen.

"Dringend!" stand dann über dem Schreiben der Fachsektion vom 9. April, in dem die OStA zur Vorlage der Akten "ersucht" wurde. Maßgebend dafür erscheine "nach nochmaliger eingehender Betrachtung", dass die WKStA ursprünglich einen Zusammenhang zwischen Ibiza und Schreddern "nicht ausschließen" habe können und der Soko Tape den Anschein der Befangenheit attestiert habe.

Die Schredder-Akten landeten also im Ausschuss, fürs Beweisthema "mögliche Beeinflussung der Ermittlungen". Und der Kanzleramt-Mitarbeiter, der die Festplatten zum Schreddern brachte, wurde befördert. (Renate Graber, 27.6.2020)