Die Aufnahme von Mai zeigt Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) im Zuge eines Termins zu Einsatzvorbereitungen von Soldaten bei der Kaserne Mautern.


Foto: APA/Fohringer

Wien – Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) ist am Wochenende ausgerückt, um in der Diskussion über die Pläne für das Bundesheer Stellung zu beziehen. In mehreren Interviews machte sie klar, dass es entgegen vorheriger Aussagen sehr wohl zu Kasernenschließungen kommen könne. Lediglich ganze Garnisonen, bestehend aus mehreren Kasernen, sollen nicht aufgelöst werden, sagte sie im Ö1-Morgenjournal.

"Garnisonen werden keinesfalls geschlossen", betonte Tanner am Samstag im ORF-Radio. Zu Kasernenschließungen könne es aber trotzdem kommen – etwa in Kärnten, wo zwei alte Kasernen wegfallen und eine neue gebaut werden soll. Für den städtischen Bereich, zum Beispiel in Wien, plane Tanner ein "Verdichtungsprogramm", sagte sie. "Ich habe allerdings vor, viel Geld für die Renovierung von Kasernen in die Hand zu nehmen", sagte sie zum "Kurier".

Tanner: "Rudere niemals zurück"

Dass die Landesverteidigung keine Kernkompetenz des Heeres mehr sein solle, bezeichnete Tanner im Gespräch mit der Tageszeitung "Die Presse" als "absurd". Das Regierungsprogramm werde sie "auf Punkt und Beistrich umsetzen", kündigte die Ministerin an. Dass sie den angekündigten Reformprozess teilweise wieder zurückgenommen habe, bestritt die ÖVP-Politikerin und meinte: "Ich rudere niemals zurück. Ich bin es gewohnt durchzumarschieren."

Von der Aufbietung der Miliz während der Coronakrise werde man "viel lernen", sagte Tanner weiters – etwa, dass regelmäßige Übungen notwendig seien. Diese Übungen – "für die Freiwilligen, da alle zwei Jahre" – sollen ebenso Teil eines Milizpakets sein wie Investitionen in die Ausstattung, so Tanner.

Zur Finanzierung meinte Tanner im "Kurier", dass es mit einem Regelbudget nicht möglich sein werde, "den Investitionsrückstau der vergangenen Jahrzehnte abbauen zu können". Daher habe sie mit dem Finanzministerium Sonderinvestpakete vereinbart, mit einem Schwerpunkt auf Kasernen und Miliz. "Bei der Miliz sind wir am Ausarbeiten der Pakete, für heuer und das nächstes Jahr insgesamt 110 Millionen Euro zu bekommen. Die Zusage dafür habe ich bereits", sagte die Ministerin.

Scharfe Kritik von Opposition

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch äußert scharfe Kritik an der Verteidigungsministerin: "Tanner macht alles falsch, was man als Ministerin nur falsch machen kann. Sie verstrickt sich permanent in Widersprüche und absolviert bizarre Medienauftritte. Dass Tanner die Auflassung und den Verkauf von Kasernen am Donnerstag noch ausgeschlossen hatte und nun auf einmal für möglich hält, sorgt für große Verunsicherung", schreibt Deutsch am Samstag in einer Aussendung.

Die FPÖ geht mit Tanner ebenfalls hart ins Gericht. "ÖVP-Verteidigungsministerin Tanner hat mit ihren heutigen Aussagen einmal mehr deutlich gemacht, dass die ÖVP als Ziel die Vernichtung des österreichischen Bundesheeres hat und damit unsere Neutralität opfert", so FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz.

Die NEOS haben unterdessen den Eindruck gewonnen, Tanner gehe es weniger um eine Bundesheerreform und mehr um ein Ablenkungsmanöver von für die ÖVP unangenehme Themen, etwa im Ibiza-U-Ausschuss. "Anstatt dem Heer, der Opposition und den Bürgerinnen und Bürgern permanent über die Medien Stehsätze auszurichten, sollte Tanner einen echten Reformprozess anregen", forderte NEOS-Verteidigungssprecher Douglas Hoyos am Samstag per Aussendung.

Stelzer pocht auf Erhaltung

Der oberösterreichische Landeshauptmann und derzeitige Vorsitzende der LH-Konferenz Thomas Stelzer (ebenfalls ÖVP) pocht auf die Erhaltung der Kasernenstandorte und auf eine bessere Ausstattung von Kasernen und Rekruten. Insgesamt unterstütze er aber Reformbestrebungen beim Heer, so Stelzer.

"Es gibt aus Bundesländersicht nur einige wichtige Prämissen", betonte er am Freitagnachmittag. Diese betreffen einerseits die Ausstattung der Kasernen und des Personals – "das sind ja ganz viele junge Leute, denen wir hier einen Teil ihrer Lebenszeit abverlangen" – und andererseits die Zahl der Kasernenstandorte. "In Oberösterreich sind in den letzten Jahren schon einige weggekommen. Die Anzahl, die wir jetzt haben, die braucht es einfach, die müssen auch abgesichert sein."

Insgesamt unterstütze er aber Reformbestrebungen beim Bundesheer, so Stelzer, "weil klar ist, dass sich auch Bedrohungsszenarien geändert haben" – Stichwort Cyberattacken. "Die ureigenste Aufgabe des Bundesheeres ist schon die Landesverteidigung, die auch gewährleistet werden muss. Aber die neuen Aufgaben sind auch wichtig." (APA, 27.6.2020)