Ein Hinweisschild vor dem Gemeindeamt in Gratwein-Straßengel, aufgenommen im März.

Foto: APA/Scheriau
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Der Sieger der heutigen steirischen Gemeinderatswahl steht schon lange fest: die ÖVP. Zumindest im obersteirischen Lassing. Dort kandidiert nur noch eine Liste, nämlich die Volkspartei. FPÖ und SPÖ, die bisher noch im Gemeinderat vertreten waren, stellen sich nicht mehr der Wahl.

Die ÖVP schaffte jedenfalls in allen 285 Gemeinden – Graz wählt nicht mit – eine Kandidatur. Die SPÖ tritt in 278 an, die FPÖ in 233. Die Grünen kandidieren in 102 Ortschaften, die KPÖ in 37 und die NEOS in 30.

Entgegen erster Informationen lässt sich vielleicht schon ein kleiner Trend ablesen, was die Wahlbeteiligung betrifft: Sie dürfte, wie von den Parteien befürchtet, niedriger ausfallen als 2015. Bisher sei noch kein Plus bei der Beteiligung registriert worden, heißt es. Teilweise stünde ein Minus von 12 Prozent davor.

Unwägbarkeiten

Eigentlich hätten die Gemeinderatswahlen schon im März über die Bühne gehen sollen, sie mussten jedoch wegen der Corona-Pandemie verschoben werden. Beim vorgezogenen Wahltag im März hatten bereits mehr als 33.000 Wahlberechtigte ihre Stimme abgegeben.

Zudem haben mehr als 20 Prozent der rund 800.000 Wahlberechtigten Wahlkarten beantragt. Dies entspricht einer Verdreifachung im Vergleich zu 2015.

Die Pandemie bringt natürlich jede Menge Unwägbarkeiten mit sich. Vor allem die SPÖ, die sich auf ihr älteres Wählerklientel stützt, fürchtet, dass etliche ältere Anhänger aus Angst vor einer Ansteckung nicht zur Wahl gehen werden.

Die Wahlbehörden versuchen mit strengen Hygienevorschriften allfällige Bedenken zu zerstreuen und einen halbwegs geordneten Wahltag zu organisieren. Die Wählerinnen und Wähler dürfen nur mit Mund-Nasen-Schutz ins Wahllokal. Sie sollten auch ein eigenes Schreibgerät mitbringen. Beides (Maske und Einwegkugelschreiber) wird – sollte es jemand vergessen – auch von der jeweiligen Gemeinde zur Verfügung gestellt.

Im Wahllokal gilt eine strikte Ein-Meter-Abstands-Regel, der Reisepass muss aufgeschlagen präsentiert werden, damit ihn die Wahlbeisitzer nicht berühren müssen. Optional werden die Wahlkabinen nach jedem Wähler desinfiziert.

Stimmungstest für Corona-Politik

Politisch – auch überregional – interessant ist die Frage, ob die Corona-Politik der Bundesregierung im Wahlverhalten einen Niederschlag findet.

Diese Gemeinderatswahlen könnten "unter anderem auch einen allgemeinen Stimmungstest für die Corona-Politik der türkis-grünen Bundespolitik liefern", vermutet der Grazer Wahlforscher und Politikexperte Heinz Wassermann von der Fachhochschule Joanneum im Gespräch mit dem STANDARD. "Vor allem die vielen Klein- und Mittelbetriebe, die Gastwirte in den Gemeinden, die vielleicht unzufrieden sind über noch nicht geflossenen Unterstützungen, könnten da oder dort für einige negative Stimmung sorgen", sagt Wassermann.

Eine zweite brisante Frage wird sein, ob sich die türkise ÖVP in den obersteirischen roten Hochburgen nachhaltig festsetzen konnte. Die Volkspartei hatte bei der Nationalratswahl 2019 sogar und erstmals die SPÖ in einst so mächtigen SPÖ-Städten wie Leoben überholt. Dass die ÖVP diesmal zulegen könnte, wird auch an der FPÖ liegen, die – nicht zuletzt im Soge ihres Niederganges auf Bundesebene – auch in den Gemeinden Federn lassen dürfte. Sie tritt in einigen Orten gar nicht mehr an.

Ein schönes Plus vor ihrem Ergebnis erhoffen sich auch die Grünen, die Neos und die KPÖ, die speziell in den obersteirischen Industrieregionen schon bisher starke Präsenz gezeigt hat.

Erste Ergebnisse werden nach 15 Uhr erwartet. (Walter Müller, 28.6.2020)