Der Mund-Nasen-Schutz wird nur mehr selten getragen.

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Das ganze Land ist wie ein aufgeweckter Riese hochgefahren – und die Bevölkerung immer noch auf der Suche nach dem goldenen Schnitt zwischen Vorsicht, Normalbetrieb und Egoshooter.

Dabei scheiden sich die Geister öfters in zwei Kohorten: die der sehr Aufmerksamen bis Besorgten und die der Scheißdraufs. In den öffentlichen Verkehrsmitteln kann man beide Gruppen reichhaltig bestaunen: Die einen klammern sich an die eingespeichelte Maske wie an einen Rettungsring, die Desinfektionsflasche entsichert im Anschlag.

Originelle Konstruktionen

Die anderen tragen ihre verpflichtenden Masken in durchaus originellen Konstruktionen von Stirnschmuck, Goderschutz und Scheitel- beziehungsweise Glatzenschoner. Jedenfalls sehr oft um die Nase rum frei, was unangenehm an Exhibitionisten erinnert. Mitten im Verstofflichten hängt da ein fleischiges Objekt heraus, das eigentlich der Öffentlichkeit verborgen bleiben müsste.

Auf die doch eher ausgefallene Tragweise angesprochen (auch der Einwand, man trage die Maske nicht für sich, sondern für die anderen, hilft nicht recht weiter) reagieren viele mit tiefem Unverständnis, dessen Lautmalerei vor Gericht vermutlich als "milieubedingt" diagnostiziert werden könnte.

Corona-Zeiten kitzeln alles hervor, was man sonst leichter verbergen konnte. Wir haben unsere keimfreie Unschuld verloren. (Julya Rabinowich, 29.6.2020)