Italiens Präsident Sergio Mattarella bei einer Zeremonie für die Corona-Opfer in der Krisenregion Bergamo.

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Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zeigte sich über die regionalen Ausbrüche "in Sorge".

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  • Die Zahl der in Österreich aktiv Erkrankten ist zuletzt wieder deutlich auf 600 gestiegen. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zeigte sich über die regionalen Ausbrüche "in Sorge" und kündigte verschärfte Clusterkontrollen an. Für die Virologin Monika Redlberger-Fritz (MedUni Wien) gehe die Bevölkerung zu sorglos mit der Gefahr der Corona-Ansteckung um.
  • Tirol hat einen acht Millionen Euro schweren Fonds für Selbstständige sowie Klein- und Mittelbetriebe eingerichtet. Damit soll jenen geholfen werden, die bei den Förderschienen des Bundes durchfallen.
  • Die Corona-Krise wird Afrika dem Internationalen Währungsfonds zufolge wirtschaftlich härter treffen als erwartet.
  • Bisher sind mehr als 500.000 Menschen weltweit nach einer Infektion mit dem Coronavirus verstorben, meldete die Johns-Hopkins-Universität am Sonntag.
  • Die meisten Opfer stammen aus den USA, wo die Zahl der Neuinfektionen vor allem in den südlichen Bundesstaaten weiter steigt. Kalifornien hat deshalb Bars wieder geschlossen.
  • In der chinesischen Hauptstadt Peking werden nach einem neuen Corona-Ausbruch mit bisher über 300 Infektionen acht Millionen Bürger getestet.
  • Die britische Regierung plant als Maßnahme gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-KriseInvestitionen in die Modernisierung von Schulen in der Höhe von einer Milliarde Pfund (1,1 Milliarden Euro). Auch in andere Infrastruktur soll investiert werden.
  • Deutschland will eine Resolution des UN-Sicherheitsrats zur Corona-Pandemie. Es sei ein Armutszeugnis für den Sicherheitsrat, dass er sich bei diesem wichtigen globalen Thema bisher nicht einig geworden sei, sagte Außenminister Heiko Maas.
  • Die italienische Region Bergamo, wo mehr als 6.000 Menschen nach einer Infektion mit dem Coronavirus starben, gedachte am Sonntag bei einer Zeremonie mit Präsident Sergio Mattarella ihrer Opfer.
  • Höchste Neuinfektionszahl seit Anfang April in Tschechien: Am Sonntag wurden 305 bestätigte Erkrankungsfälle gemeldet, während es am Samstag noch 260 waren.

Anstieg in Österreich

Die Zahl der in Österreich aktiv Erkrankten ist zuletzt wieder deutlich gestiegen. Nachdem diese vor zwei Wochen bereits unter 400 lag, ist sie am Montag auf 600 hinaufgegangen. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zeigte sich in einem Pressestatement über die regionalen Ausbrüche "in Sorge".

In den kommenden Tagen werden daher die Clusterbildungen besonders genau kontrolliert. Grund für den Anstieg könnte die Abnahme des Risikobewusstseins bei einem Teil der Bevölkerung sein. "Mein dringender Appell geht daher genau an diesen Teil der Bevölkerung, sich durch die wochenlangen guten Zahlen nicht täuschen zu lassen", sagte Anschober. "Das Virus ist nicht auf Urlaub, es ist weiterhin unter uns, und es ist hochgefährlich."

Die Österreicherinnen und Österreicher sollten nun nicht sorglos werden, sondern Verantwortung tragen und die Maßnahmen weiterhin umsetzen. Dass die Pflicht, den Mund-Nasen-Schutz zu tragen, teilweise aufgehoben wurde, heiße nicht, dass die Masken nun verboten seien. "Es macht Sinn, den MNS in Eigenverantwortung weiter zu tragen", so Anschober.

Auch Virologin warnt

Auch laut der Virologin Monika Redlberger-Fritz (MedUni Wien) gehe die Bevölkerung zu sorglos mit der Gefahr der Corona-Ansteckung um. Sie appellierte am Montag in der "ZiB2" "diesen Babyelefanten einzuhalten". Von einer zweiten Welle würde sie derzeit trotz gestiegener Infektionszahlen noch nicht sprechen. Aber wenn die Zahl der täglichen Neuerkrankungen ansteigt, wäre "Zeit zu handeln".

Ob wieder strenger Maßnahmen gesetzt werden müssen, komme darauf an, wie sich die Situation in der nächsten Woche entwickelt, erläuterte Redlberger-Fritz. Jetzt gebe es rund 50 bis 60 Neuerkrankungen pro Tag. Steigt diese Zahl – linear oder "im schlimmsten Fall exponentiell – an, "dann ist wirklich zu handeln".

Derzeit gebe es in Österreich noch eine "relativ niedrige Grundaktivität" des Covid 19-Virus, "aber eine Hintergrundaktivität ist da". Wird die Abstandsregel ignoriert, "gibt man dem Virus die Chance, sich weiter sehr rasch auszubreiten", plädierte die Virologin für mehr Vorsicht. Direkter Kontakt von Mensch zu Mensch "ist die Übertragungsquelle schlechthin".

Tirol schaut auf "durchgerutschte Unternehmer"

Das Land Tirol hat gemeinsam mit der Wirtschaftskammer Tirol einen Unterstützungsfonds für Selbstständige bzw. Klein- und Mittelbetriebe ins Leben gerufen. Damit soll jenen geholfen werden, die bei den Förderschienen des Bundes "durchrutschten", weil sie beispielsweise in der Corona-Krise keinen 40-prozentigen Umsatzeinbruch haben. Der Fonds umfasst insgesamt acht Millionen Euro.

"Es sollen davon jene Tiroler Unternehmer profitieren, die bei anderen Unterstützungsleistungen bisher ausgenommen waren", erklärte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). Die Unternehmen sollen jeweils mit einem Pauschalbetrag von 4.000 Euro unterstützt werden. Die acht Millionen Euro werden zu gleichen Teilen von Wirtschaftskammer und Land getragen. Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf (ÖVP) schätzte, dass rund 2.000 Unternehmen von dem Paket profitieren werden.

Anträge können ab 1. August bei Vorliegen der Umsatzzahlen aus dem zweiten Quartal bei der Standortagentur bis spätestens 31. Dezember gestellt werden. Förderberichtigt ist, wer im zweiten Quartal 2020 einen Umsatzrückgang zwischen 25 und 40 Prozent zum Vergleichszeitraum des Vorjahrs hatte. Zudem muss ein höherer Jahresumsatz als 35.000 Euro in einem der vergangenen drei Steuerjahre vorliegen und der Ausschluss der Anspruchsberechtigung im Härtefallfonds sowie im Corona-Hilfsfonds des Bundes bescheinigt werden.

WHO ermittelt in China

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) will nächste Woche ein Team nach China entsenden, um den Ursprung des Coronavirus festzustellen. "Wir können das Virus besser bekämpfen, wenn wir alles über es wissen, inklusive wie alles angefangen hat", sagte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus am Montag während einer Video-Pressekonferenz.

Die Organisation drängt China seit Anfang Mai dazu, seine Experten ins Land einzuladen, um bei der Erforschung des Ursprungs des Coronavirus mitzuhelfen. Mit der Entsendung eines Teams hoffe die WHO, die Entstehungsgeschichte des Virus besser nachvollziehen zu können. Wie das Team zusammengesetzt sein wird und was konkret seine Aufgabe vor Ort ist, sagte Tedros nicht.

Am Dienstag werden genau sechs Monate vergangen sein, seit das Auftreten des neuartigen Coronavirus in der chinesischen Stadt Wuhan bekannt wurde. Weltweit sind bisher 500.000 Tote und zehn Millionen bestätigte Infektionen erfasst. Wissenschafter glauben, dass das Virus vom Tier auf den Menschen übergesprungen ist, möglicherweise auf einem Wildtier-Markt in Wuhan.

Folgen in Afrika schlimmer als erwartet

Die Corona-Krise wird die afrikanischen Länder südlich der Sahara laut dem Internationalen Währungsfond wirtschaftlich noch härter treffen als erwartet. Heuer drohe der Region ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung um 3,2 Prozent, teilte der IWF am Montag mit. Im April waren noch 1,6 Prozent Minus erwartet worden. Das Einkommen pro Kopf soll im Durchschnitt um sieben Prozent sinken.

Dies liege unter anderem an den strengen Corona-Maßnahmen, die viele afrikanische Länder verhängten und die teilweise verheerende wirtschaftliche Auswirkungen haben, etwa in Südafrika. Die meisten Länder haben inzwischen begonnen, die Maßnahmen wieder zu lockern – oft aus wirtschaftlichen Gründen. Zudem spielten eine stark gesunkene Nachfrage sowie die unterbrochenen Lieferketten und der globale Rückgang der Wirtschaftsleistung eine Rolle.

Mehr als 500.000 Tote

Seit Beginn der Pandemie sind US-Wissenschaftern zufolge weltweit mehr als 500.000 Menschen nach einer Infektion mit dem Virus gestorben. Das ging am Sonntagnachmittag aus Daten der Universität Johns Hopkins in Baltimore hervor. Die Weltbevölkerung beträgt rund 7,75 Milliarden Menschen.

Zuvor hatte die Zahl der weltweit bestätigten Infektionen am Sonntag bereits erstmals die Marke von zehn Millionen überschritten. Ein Viertel der Infektionen wurde aus den USA gemeldet, wo sich die Pandemie weiter rasch ausbreitet. Die meisten Opfer haben demnach ebenfalls die USA zu beklagen, hier starben mehr als 125.000 Menschen. An zweiter Stelle lag Brasilien mit 57.000 Toten, gefolgt von Großbritannien mit knapp 44.000.

Viele Neuinfektionen in südlichen US-Bundesstaaten

Die Opferzahl in den USA, einem Land mit rund 330 Millionen Einwohnern, ist weltweit die bisher höchste in absoluten Zahlen. Relativ zur Einwohnerzahl ist die Zahl der Toten jedoch in einigen europäischen Ländern höher. In den USA starben den Daten der Johns-Hopkins-Universität zufolge rund 38 Menschen pro 100.000 Einwohner. In Großbritannien liegt dieser Wert gerundet bei 66, in Italien bei 57 und in Schweden bei 52, in Deutschland bei elf und in Österreich knapp über acht.

In den USA hat die Zahl der Neuinfektionen angesichts einer rasanten Ausbreitung des Virus in den südlichen Bundesstaaten seit Freitag einen neuen Höchststand erreicht. Am Wochenende wurden rund 88.000 Neuinfektionen gemeldet. Kalifornien hat daraufhin einige Lockerungen wieder zurückgenommen. Gouverneur Gavin Newsom ordnete für sieben Landkreise – darunter Los Angeles – die Schließung von Bars an. Diese gelten in den USA als häufige Infektionsherde. Am Freitag schlossen Texas und Florida gleich alle Bars.

Peking testet acht Millionen Menschen

In der chinesischen Hauptstadt Peking wurden infolge eines neuen Coronavirus-Ausbruchs millionenfach Corona-Tests durchgeführt. Wie die Lokalbehörden mitteilten, wurden bis Sonntag 8,3 Millionen Proben gesammelt und 7,7 Millionen Tests in der 20-Millionen-Einwohner-Stadt abgeschlossen. Als Reaktion auf den Ausbruch auf einem Pekinger Großmarkt hatten die Behörden vor zwei Wochen die zweithöchste Sicherheitsstufe ausgerufen, womit die Stadt teilweise abgeriegelt wurde.

Wer Peking verlassen will, muss einen negativen Corona-Test vorweisen und darf nicht in einem der Risikogebiete leben. Seit dem neuen Ausbruch wurden über 300 Infektionen in Peking festgestellt. Wie Chinas Gesundheitskommission mitteilte, kamen bis Montag sieben weitere Infizierte in der Stadt hinzu. Landesweit wurden zwölf neue Infektionen gemeldet. In China leben rund 1,4 Milliarden Menschen.

Berichte über geschönte Zahlen in Serbien

Auch in Serbien ist die Zahl der Menschen, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden, zuletzt wieder gestiegen – vor allem in den südlichen Landesteilen. Am Samstag wurden offiziell 227 Personen positiv getestet, am Sonntag waren es 254. Viele Bürger vermuten schon seit Tagen, dass die offiziellen Zahlen nicht der Realität entsprachen, weil die Regierung vergangenen Sonntag noch Wahlen abhalten wollte.

Insbesondere aus der südserbischen Stadt Niš wurden immer wieder Nachrichten überbracht, dass viel mehr Leute im Krankenhaus seien, als man offiziell berichtet, und dass auch viel mehr Menschen bereits durch die Viruserkrankung verstorben sind. So berichtet "Balkaninsight", dass zwischen dem 19. März und dem 1. Juni bereits 632 Bürger in Serbien verstorben seien, während offiziell nur 244 Covid-19-Tote gemeldet wurden.

Merkel und Macron sprechen über Wiederaufbau

Deutschland will indessen einen neuen Vorstoß für eine Resolution des UN-Sicherheitsrats zur Corona-Pandemie starten. Es sei ein "Armutszeugnis" für den Sicherheitsrat, dass er sich bei diesem wichtigen globalen Thema bisher nicht einig geworden sei, sagte Außenminister Heiko Maas (SPD) der Deutschen Presse-Agentur.

"Es kann nicht sein, dass der Sicherheitsrat sprachlos bleibt, wenn die ganze Welt es mit einer solchen Pandemie zu tun hat." Deutschland übernimmt am 1. Juli für einen Monat den Vorsitz in dem wichtigsten UN-Gremium. Eine Corona-Resolution ist bisher an einem Streit zwischen den USA und China gescheitert, in dem es vor allem um die Rolle der Weltgesundheitsorganisation WHO geht. US-Präsident Donald Trump wirft der WHO vor, im Sinne Chinas zu handeln, und will sie nicht in einer Resolution erwähnt sehen.

Zwei Tage vor Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft treffen einander außerdem Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron am Montag, um über den wirtschaftliche Wiederaufbau in Europa zu diskutieren. Es handelt sich um den ersten Besuch eines ausländischen Staatschefs bei Merkel seit dem Ausbruch der Pandemie.

Für Macron ist die Begegnung wichtig, denn der 42-Jährige drängt darauf, dass sich die Europäer rasch auf den Wiederaufbauplan einigen. Merkel ist dabei seine wichtigste Verbündete. Aus Frankreich verlautete, Macron sei sehr engagiert in dieser Sache. Auch für Frankreich, das hart von der Pandemie getroffen wurde, geht es um viel Geld, es erhofft sich aus dem Programm 30 bis 40 Milliarden Euro.

Britische Regierung plant Investitionsprogramm

Der britische Premierminister Boris Johnson plant als Maßnahme gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise staatliche Investitionen in die Modernisierung von Schulen und anderer Infrastruktur. Für schulische Einrichtungen sollen nach Angaben seines Büros eine Milliarde Pfund (1,1 Milliarden Euro) ausgegeben werden. Damit sollten die ersten 50 Projekte eines auf zehn Jahre angelegten Infrastrukturprogramms im Schulbereich finanziert werden.

Bei der Erholung von der Krise sollten "die jungen Generationen im Mittelpunkt" stehen, unterstrich Johnson. Weitere Details seines Investitionsprogramms will er voraussichtlich in einer Rede am Dienstag bekanntgeben. Der "Mail on Sunday" sagte er, es solle auch in den Bau neuer Straßen und Krankenhäuser investiert werden.

Gedenken an Opfer bei Zeremonie in Bergamo

Italien hat der tausenden Todesopfer des Coronavirus in der Provinz Bergamo gedacht. Das Land habe durch die Pandemie "unauslöschliche Narben" bekommen, sagte Staatschef Sergio Mattarella am Sonntagabend bei einer Zeremonie in der gleichnamigen Provinzhauptstadt. Es sei das ganze Land, das in Bergamo "gelitten hat, das verletzt worden ist, das geweint hat".

Bergamo und andere nördliche Provinzen waren die am schlimmsten von dem neuartigen Virus heimgesuchten Regionen Italiens. Mehr als 6000 Menschen starben allein in der Provinz Bergamo nach einer Infektion. Die dramatischen Bilder von dutzenden sich aufreihenden Särgen am Friedhof oder von Militärkonvois zum Transport von Corona-Toten gingen um die Welt.

Angehörige konnten an der Zeremonie in Bergamo nicht teilnehmen.
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An der Gedenkzeremonie am Sonntag am Friedhof Monumentale durften die Hinterbliebenen nicht teilnehmen. Ihre Zahl ist zu groß, als dass die Abstandsregeln zum Schutz vor dem Virus hätten eingehalten werden können. Nach einer Schweigeminute legte Mattarella einen Kranz ab. "Die Epidemie hat unsere Leben verändert", sagte der Staatschef. Alle Bürger hätten Bilder im Kopf, die sie nicht mehr vergessen könnten. (APA, 29.6.2020)