Wer am Strand von Barcelona die Sonne genießen darf, soll sich bald auf Brüsseler Ebene entscheiden – aber Spanien kann das auch allein.

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Während weltweit mehr als zehn Millionen mit dem Coronavirus infizierte Menschen registriert wurden und mehr als eine halbe Million Menschen mit Covid-19 starben, sollen ab 1. Juli Einreisebestimmungen für die Europäische Union in Kraft treten. Denn das hat die Europäische Kommission Mitte Juni empfohlen: eine schrittweise Öffnung der Staatengemeinschaft für Einreisende aus dem EU-Ausland. Welche Kriterien genau gelten sollen, daran feilen die Vertreter der EU-Länder noch.

Was aber jetzt schon klar sein soll, ist, dass ein Hauptkriterium die Zahl der Neuinfektionen im Herkunftsland zwei Wochen vor Reiseantritt sein wird. Auf 100.000 Einwohner dürften nur maximal 16 neue Covid-19-Fälle kommen. Das entspricht dem jetzigen EU-Schnitt. Im Vergleich zu den 14 Tagen davor soll der Trend stabil oder abnehmend sein, heißt es aus Diplomatenkreisen. Wichtig sein könnte auch, wie die jeweiligen Herkunftsländer das Virus eindämmen und Infektionsketten nachverfolgen.

Lobbyarbeit der Staaten

Wenn diese Kriterien in Kraft treten, ist klar, dass Reisende aus den USA ebenso wie aus anderen Staaten wie Russland oder Brasilien nicht in die Europäische Union dürften. Allein am Wochenende kam es in den USA zu fast 45.000 registrierten Neuinfektionen an nur einem Tag.

Obwohl die Europäische Union versucht, die politische Komponente durch möglichst messbare Kriterien kleinzuhalten, lobbyieren die Vereinigten Staaten und andere Nationen heftig, um auf die Liste der sicheren Länder zu gelangen. Dabei haben die USA ihre eigenen strengen Einreisebestimmungen, die seit März für viele EU-Bürger gelten, noch nicht gelockert – trotz sinkender Infektions- und Todeszahlen.

EU-Grenzen öffnen

Vergangene Woche sagte US-Außenminister Mike Pompeo in einer Onlinekonferenz, dass einige EU-Staaten großes Interesse daran hätten, US-Bürger wieder einreisen zu lassen: "Wir haben von einem Dutzend und noch mehr Staaten gehört, dass sie unterschiedliche Ansichten zur Grenzöffnung für alle haben, nicht nur für Bürger der Vereinigten Staaten."

Das Ringen um eine gemeinsame Linie in Sachen Einreiseerlaubnis hat vor allem das Ziel, dass die Grenzen innerhalb der Europäischen Union wieder geöffnet werden. Seit Ausbruch der Pandemie hat die Reise- und Warenfreiheit innerhalb der Staatengemeinschaft stark gelitten.

Entscheidung der Staaten

Die künftigen Kriterien sind aber für die einzelnen Nationalstaaten rechtlich nicht bindend. Vielmehr kann weiterhin jedes Land selbst entscheiden, welche Staatsangehörigen es einreisen lässt. Österreich hat zumindest in Person von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Sonntag verlautbart, dass Reisende aus dem Kreis Gütersloh im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen einen negativen Corona-Test vorweisen müssen, um einreisen zu dürfen. In der Fleischfabrik des Unternehmens Tönnies, die dort ansässig ist, haben sich mehr als 1.500 Mitarbeiter mit dem Virus infiziert.

Die vorläufige Liste jener Staaten, deren Bürger wieder ohne zusätzliche Beschränkungen in die EU reisen dürfen, umfasst 15 Länder: Algerien, Australien, Georgien, Japan, Kanada, Montenegro, Marokko, Neuseeland, Ruanda, Serbien, Südkorea, Thailand, Tunesien, Uruguay. Auch China würde inkludiert sein, sollte sich die Führung in Peking entschließen, ihrerseits die Grenzen zu öffnen. Ob Serbien nach dem starken Anstieg der Infektionsfälle den Platz auf der Liste behalten wird, ist fraglich. Weil Großbritannien noch bis Ende des Jahres zur Union gehört, gab es keine Diskussion über gesonderte Einreisebestimmungen. Ebenso wenig im Hinblick auf Norwegen, Island, die Schweiz und Liechtenstein, die zur Schengenzone gehören.

Welche Personengruppen keinen Beschränkungen unterliegen, steht fest. Medizinisches Personal, Diplomaten, humanitäre Helfer, Transitreisende, Asylwerber und Studierende sowie Menschen mit wichtigen familiären Gründen oder Schlüsselarbeitsplätzen sollen einreisen dürfen. (Bianca Blei, 29.6.2020)