Mikroorganismen in Süßwassergewässern reagieren auf die Erwärmung. Die Produktion von Methan fällt dadurch höher aus als bisher angenommen.

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Obwohl bei klimaschädlichen Gasen das Kohlendioxid stets an erster Stelle genannt wird, ist Methan das deutlich potentere Treibhausgas. Das farb- und geruchlose, brennbare Gas mit der Summenformel CH4 ist etwa 25-mal klimaschädlicher als CO2, weshalb es trotz seiner geringen Konzentration in der Luft rund 20 Prozent zum menschengemachten Treibhauseffekt beiträgt. Der Weltklimarat IPCC hat vorgerechnet, dass die Methanemissionen gemessen am Ausstoß des Jahres 2010 in den kommenden 30 Jahren um 35 Prozent reduziert werden müssten, wenn das angestrebte 1,5-Grad-Celsius-Ziel erreichbar bleiben soll. Ein kleiner Lichtblick ist allerdings, dass Methan im Vergleich zu CO2, das in der Atmosphäre ein Jahrhundert zum Abbau braucht, dort "nur" zwischen neun und 15 Jahre verbleibt.

Aktuell ist freilich noch keine Besserung der Methansituation in Sicht, im Gegenteil: Ohne menschliches Zutun betrug der Gehalt des Gases in der Atmosphäre bis zum Ende des 18. Jahrhunderts rund 700 ppb (parts per billion, also Teile pro Milliarde). 2017 dagegen war der Anteil mit etwa 1860 ppb um 150 Prozent höher. Damit ist heute mehr Methan in der Gashülle unseres Planeten vorhanden als jemals zuvor während der vergangenen 800.000 Jahre – soweit zumindest reichen die untersuchten Eisbohrkerne zurück, auf die sich diese Messungen stützen.

Problematisches natürliches Methan

Während sich die anthropogenen Methanemissionen durch entsprechende Maßnahmen reduzieren ließen, steht man dem Methan, das aus natürlichen Quellen stammt, weitgehend machtlos gegenüber. Mikroorganismen in Sümpfen und Gewässern sowie vulkanische Aktivität spielen dabei die bedeutendsten Rollen. Hinzu kommen jene Treibhausgasemissionen, die beim Auftauen des arktischen Permafrosts entstehen. Diese gehen auf die Klimaerwärmung und damit indirekt ebenfalls auf menschliche Aktivität zurückgehen, sind aber zumindest derzeit ebenso schwer zu beschränken. Wissenschafter befürchten, dass sich diese Emissionen in den kommenden Jahrzehnten vervielfachen könnten.

Nun hat ein internationales Team von Wissenschafter anhand aktueller Forschungsergebnisse nachgewiesen, dass natürliche Ökosysteme wie etwa Seen und Flüsse durch die Klimaerwärmung mehr Methan freisetzen als man bisher angenommen hatte. Die im Fachjournal "Nature Climate Change" veröffentlichte Studie führt dies auf Veränderungen im Gleichgewicht der mikrobiellen Gemeinschaften in den verschiedenen Ökosystemen zurück, die die Methanemissionen regulieren.

Produzenten und Abbauer

Der Ausstoß und die Reduktion von Methan aus Ökosystemen wird im Wesentlichen von zwei Arten von Mikroorganismen reguliert: Methanogene, die auf natürliche Weise Methan produzieren, und Methanotrophe, die Methan entfernen, indem sie es in Kohlendioxid umwandeln. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass diese beiden natürlichen Prozesse unterschiedliche Temperaturempfindlichkeiten aufweisen und daher durch die globale Erwärmung unterschiedlich beeinflusst werden könnten.

Wissenschafter um Mark Trimmer von der Queen Mary University of London analysierten die Auswirkungen der globalen Erwärmung auf Mikroorganismen im Süßwasser und die Methanemissionen, indem sie den Effekt der Erwärmung künstlicher Teiche über einen Zeitraum von 11 Jahren beobachteten. Dabei fanden sie heraus, dass die ansteigenden Temperaturen zu einer überproportionalen Zunahme der Methanproduktion gegenüber der Reduktion von Methan führte. Unterm Strich ergab das ein deutlich erhöhtes Plus an Methanemissionen.

Mikrobielle Gemeinschaften im Ungleichgewicht

"Unsere Beobachtungen zeigen, dass der Anstieg der Methanemissionen weit über dem liegt, was man bisher aufgrund einer rein physiologischen Reaktion auf den Temperaturanstieg erwartet hatte", sagt Trimmer. Eine langfristige Erwärmung verändere demnach auch das Gleichgewicht in der mikrobiellen Gemeinschaft von Süßwasserökosystemen. Es werde dadurch mehr Methan produziert, während proportional weniger Methan zu Kohlendioxid oxidiert wird. "Da Methan ein weitaus stärkeres Treibhausgas ist als Kohlendioxid, erhöhen diese Effekte das globale Erwärmungspotential der freigesetzten Kohlenstoffgase", so Trimmer

Ergänzt wurden diese Beobachtungen durch eine Metaanalyse der verfügbaren Daten zu weltweiten Methanemissionen aus Feuchtgebieten, Wäldern und Grasland. Diese untermauern die experimentellen Untersuchungen und zeigten, dass die Erwärmung natürlicher Ökosysteme überproportional viel Methan produziert.

Für künftige Vorhersagen relevant

"Unsere Ergebnisse passen damit zu dem, was wir in der realen Welt bei einer größeren Vielfalt von Ökosystemen nachweisen konnten. Zusammengenommen legen diese Daten nahe, dass natürliche Ökosysteme mit steigenden Erdtemperaturen durch die globale Erwärmung kontinuierlich mehr Methan in die Atmosphäre abgeben", meint Trimmer. Die Wissenschafter betonen, dass zukünftige Vorhersagen berücksichtigen müssen, wie sich Ökosysteme und die dort vorhandenen mikrobiellen Gemeinschaften verändern, wenn sie einer weiteren Erwärmung ausgesetzt werden. (tberg, 7.7.2020)