Klaudia Tanner will vor den Abgeordneten tun, was ihr bisher misslang: ihre Vorhaben in Sachen Militär erklären.

Foto: APA/Fohringer

Wien – Eigentlich hätte es in der Sondersitzung des Nationalrats am Dienstag nur ein Thema geben sollen: die von der Regierung geplante Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie und im Kulturbereich. Doch dann kam vergangene Woche Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) und stiftete mit erratischen Aussagen zur Reform des Bundesheers Verwirrung. Selbst der Bundespräsident als Oberbefehlshaber des Militärs und der grüne Koalitionspartner wussten nicht Bescheid, dass das Verteidigungsressort Pläne zum Bedeutungsverlust der Landesverteidigung ventilierte, wenngleich Tanner dies später ungelenk zu relativieren versuchte. Auch zur Frage möglicher Kasernenschließungen fuhr Tanner in diversen Interviews einen kommunikativen Zickzackkurs.

Die Sondersitzung des Nationalrats können Sie ab 9 Uhr live mitverfolgen.

Die rot-blau-pinke Opposition verlangt daher von der Ministerin, im Nationalrat endlich Licht ins Dunkel ihrer wehrpolitischen Ideen zu bringen, was diese "sehr gerne" tun werde, wie sie im Vorfeld ankündigte.

Schnitzel oder Schnitzel

Raschere Auswirkungen wird hingegen wohl der Beschluss zur befristeten Reduktion von Mehrwertsteuersätzen haben. Ab 1. Juli und bis Jahresende sollen für Speisen und Getränke jedweden Alkoholgehalts in der Gastronomie nur mehr fünf Prozent Mehrwertsteuer anfallen, wodurch den Wirten zur Abfederung der Corona-Krise mehr Geld bleiben soll. Die Opposition begrüßt das in Grundzügen; FPÖ und Neos monieren aber etwa, dass Übernachtungen in Hotels nicht ebenso begünstigt werden.

Ähnlich kritisieren Fleischer, Bäcker und Konditoren, dass sie leer ausgingen, obwohl sie ihre Lebensmittel – analog zu Gastrobetrieben – ebenfalls als Tagesteller oder Frühstück im Geschäft feilbieten. "Ein Schnitzel bleibt ein Schnitzel – egal, wer es zubereitet oder serviert", argumentiert die Bundesinnung der Lebensmittelgewerbe. Das Finanzministerium reagierte am Montagabend mit einer Klarstellung, wonach Fleischer, Bäcker und Konditoren sehr wohl von der Senkung umfasst seien, wenn sie ihre Lebensmittel vor Ort den Kunden verabreichen. Tätigkeiten, die demgegenüber nicht auf den sofortigen Verzehr an Ort und Stelle ausgerichtet seien, wie der Verkauf von Semmeln, Fleisch oder einer Torte zum Mitnehmen, fallen nicht unter die Steuerbegünstigung.

Fünf Prozent auch für Zeitungen und Tickets

Jedenfalls von der Steuersenkung profitiert die Kultur- und Medienbranche. Beim Verkauf von Büchern, Zeitungen und Tickets für Konzerte, Kinos, Museen, Zoos etc. müssen im nächsten Halbjahr auch nur fünf Prozent Mehrwertsteuer abgeführt werden. Die SPÖ befürchtet, dass der Steuervorteil vor allem von internationale Konzernen wie Amazon eingeheimst werden könnte. Die rote Forderung, den Online-Handel von der Vergünstigung auszunehmen, wurde von den Regierungsfraktionen allerdings nicht aufgegriffen.

Insgesamt entgehen dem Staat durch die Steuersenkung laut Finanzministerium 500 bis 700 Millionen Euro. (ta, 30.6.2020)