Grünen-Landessprecher Lambert Schönleitner, Klubobfrau Sandra Krautwaschl und Kandidatin Anna Moser Anfang Juni bei einer Pressekonferenz zu den Gemeinderatswahlen

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Graz – Die Spitzen der steirischen ÖVP und SPÖ hatten am Sonntag, als die Ergebnisse der Gemeinderatswahlen feststanden, einigen Grund, sich die Hände zu reiben. Die ÖVP fuhr mit 47,2 Prozent ihr zweitbestes Gemeinderatsergebnis in der Zweiten Republik ein. Und auch die zuletzt selten erfolgsverwöhnte SPÖ konnte bei 31,5 Prozent der Stimmen aufatmen und der ÖVP sogar einige Gemeinden "wegschnappen".

Nach der für die SPÖ desaströsen Nationalratswahl, bei der die Türkisen in rote Hochburgen in der Steiermark eingebrochen waren, konnten die Sozialdemokraten diesmal also dagegenhalten. Aber nur zum Teil. Während sie ihre Mehrheiten in Städten wie Kapfenberg, Knittelfeld, Bruck an der Mur und Mürzzuschlag teilweise massiv ausbauen konnten, gingen andere historisch rote Gemeinden wie Eisenerz oder Selzthal an die ÖVP verloren.

Nachhaltige ÖVP-Siege

Der ÖVP-Durchmarsch bei der Nationalratswahl in der Obersteiermark war also offensichtlich nachhaltig – die Volkspartei hat sich in roten Regionen festgesetzt und bei der Gemeinderatswahl landesweit über 200 Mandate hinzugewonnen. Die SPÖ verlor trotz eines kleinen Stimmenzuwachses 20 Mandate.

Einen deutlichen Zuwachs konnten auch die Grünen in ihre Bücher schreiben. "Sie blieben aber dennoch unter ihren Möglichkeiten", sagt der Grazer Politikwissenschafter Klaus Poier. Den Grünen fehle die flächendeckende Verankerung. Das sei schon allein daran abzulesen, dass sie nur in einem Drittel der Gemeinden antraten und darüber hinaus keine weiteren Kandidaturen zustande brachten. Würden die Grünen flächendeckend kandidieren, wären wohl mehr als zehn Prozent für sie möglich, vermutet Poier. So kamen sie auf 4,8 Prozent.

Für die steirischen Grünen werde sich jedenfalls die Frage stellen, ob sie "ohne Verwurzelung vor Ort erfolgreich sein können", sagt der Politikwissenschafter von der Grazer Universität. "Was wir aus diesen Gemeinderatswahlen lernen, ist, dass die lokale Verankerung der Parteien wichtig ist. Die ÖVP hat das gut geschafft, die SPÖ schon weniger und die Grünen eben nicht. Das trifft auch die Neos", sagt Poier.

FPÖ im Flug nach unten

Die FPÖ setzte jedenfalls auch in der Steiermark ihren Flug nach unten fort und hat noch keinen Boden gefunden. Zahlreiche frühere FPÖ-Wähler dürften den Löwenanteil der Nichtwähler (mehr als zehn Prozent) ausmachen. "Die FPÖ als Protestpartei hat in Zeiten der Krise und Unsicherheit ausgedient", sagt die Politikexpertin Kathrin Stainer-Hämmerle. "Und", fügt ihr Kollege Thomas Hofer an, "die FPÖ hat einfach nachhaltig an Vertrauen verloren."

Blick nach Wien

Mit Blick auf die Wien-Wahl und die Auseinandersetzung mit Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache, der dort mit einer eigener Liste antritt, sei hier kaum eine Veränderung zu erwarten, sagt Hofer. Ein Großteil der Wähler werde wohl auch in Wien ins Nichtwählerlager wechseln.

Was sich in der Steiermark deutlich gezeigt habe und auch für Wien relevant werden könnte: "Der Zug fährt weiter Richtung Stabilität und Sicherheit." Von einem "Krisenbonus" könnte demnach wie Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) auch Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) profitieren, sagt Hofer. (Walter Müller, 29.6.2020)