Derzeit segeln keine Downhiller den berühmten Nordkette Singletrail in Innsbruck hinunter.

Foto: Patrick Meraner

Innsbruck – Der Nordkette-Singletrail treibt seit 2004 Mountainbiker zur Verzweiflung. 4,2 Kilometer lang führt er in unzähligen Spitzkehren Direttissima unter der Innsbrucker Seegrubenbahn ins Tal. Doch ausgerechnet heuer, im Corona-Jahr mit dem Motto "Urlaub zu Hause", bleibt der legendärste Singletrail der "Bikecity Innsbruck" geschlossen. Es fehlt die naturschutzrechtliche Genehmigung, sie lief Ende 2019 aus. Ab wann es die neue gibt, ist offen und hängt davon ab, ob sich Stadt Innsbruck und die Nordkettenbahnen einigen können, wie es mit der Strecke weitergeht.

Dass die Genehmigung überhaupt ausgelaufen ist, liegt am Wechsel der offiziellen Trail-Betreiber. Das ist nämlich nicht, wie man meinen könnte, die Seilbahn, sondern bisher war die Innsbrucker Olympiaworld für den Erhalt der Downhillstrecke zuständig. Doch diese Aufgabe passt nicht wirklich ins Portfolio der Olympiaworld, die eine je 50-Prozent-Tochter der Stadt und des Landes Tirol ist. Die Gesellschaft kümmert sich um die großen Innsbrucker Sportanlagen wie die Eishalle, das Tivoli-Stadion oder den Eiskanal in Igls. Die Stadt will, dass künftig das Forstamt den Trail mitbetreut. Erfahrung hat man dort, ist das Amt doch auch für Arzler-Alm- und Hungerburgtrail verantwortlich.

Bewilligung ist ausgelaufen

Weil die Olympiaworld mit Ende 2019 als Betreiberin des Nordkette-Singletrails ausstieg, kümmerte sie sich auch nicht mehr um die anstehende Verlängerung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für die Strecke. Ein Versäumnis, das sich nun rächt. Denn statt einer einfachen Verlängerung bedarf es nun eines neuen Ansuchens. Die Crux dabei ist, dass man sich nicht einig ist, in welchem Umfang man das neue Ansuchen stellt.

Denn die Stadt Innsbruck will das Angebot am Nordkette-Singletrail ausbauen. Doch die Nordkettenbahnen wollen nur den bestehenden Trail erhalten, ohne neue Abschnitte. Während nun die Stadt als neue, alte Betreiberin mehr Möglichkeiten im Rahmen dieser bestehenden Anlage schaffen will, legen sich die Nordkettenbahnen offenbar quer.

Das Problem dabei ist: Der Nordkette-Singletrail gilt als einer der schwierigsten seiner Art. Dafür ist er bekannt. Im Sinne eines möglichst ansprechenden Angebots für Mountainbiker würde die Stadt den Trail gerne um leichtere Passagen erweitern, damit auch weniger versierte Biker eine Abfahrt von der Nordkette wagen können. Umgekehrt bedeutet ein größeres Aufkommen an Mountainbikern in der Seegrubenbahn weniger Platz für Touristen.

Für den Geschäftsführer der Nordketten Bahnen, Thomas Schroll, geht es um den Erhalt des bestehenden Trails, wie er sagt: "Wir sehen den legendären Nordkette Singletrail als eine Institution und wollen ihn nicht zerstört wissen, das ist alles. Der "Nordkette Downhill" war meiner Meinung nach immer noch der eindrucksvollste und authentischste Event hier in Innsbruck." Schroll appelliert an die Stadt, ein Gesamtkonzept zum Thema Mountainbiken zu erstellen, anstatt punktuelle Lösungen zu erarbeiten.

Streitfrage Bike-Transport

Der Bike-Transport ist seit jeher eine Streitfrage auf der Nordseite Innsbrucks. Im Vorjahr kam es zu Konflikten in der Hungerburgbahn, die ebenfalls zu den Nordkettenbahnen gehört. Für Mountainbiker wurde kurzerhand ein Beförderungsverbot verhängt. Mittlerweile dürfen sie gegen Aufpreis in Randzeiten die Bahn wieder benützen. Das sorgt aber auch für Ärger bei Anrainern, die ihre Räder in der Bahn transportieren wollen – immerhin subventioniert die Stadt die Hungerburgbahn mit Steuergeld, damit sie als öffentliches Verkehrsmittel dient. Bei der Bahn wiederum wartet man bis heute auf ein versprochenes Shuttlekonzept, wie Schroll sagt: "Der von der Stadt Innsbruck vor einem Jahr angekündigte Bikeshuttle von der Stadt auf die Hungerburg wurde bis heute noch nicht installiert."

Dass der Nordkette-Singletrail nun nach 15 Jahren vorerst geschlossen bleibt, ist für die lokalen Mountainbiker wie Benedikt Purner enttäuschend. Er gilt als versierter Fahrer der anspruchsvollen Strecke und war in den vergangenen Jahren zuweilen auch für deren Instandhaltung verantwortlich. "Ich hoffe, man einigt sich bald", sagt Purner. "Denn dass wir nun gar keinen Trail zur Verfügung haben, ist die denkbar schlechteste Lösung."

Die Interessenvertretung der Innsbrucker Mountainbiker (MTB Innsbruck) bemüht sich seit Jahren um ein Miteinander und versucht Konflikte zu entschärfen. Die aktuelle Pattstellung zwischen Stadt und Seilbahn bedauert Sprecherin Verena Böhe: "Es ist enttäuschend, dass der Trail noch geschlossen ist." Zuletzt sei von der Stadt viel unternommen worden, um mehr Angebote für Mountainbiker zu schaffen, da man erkannt habe, dass die Nachfrage weiterhin rasant steigt. Der enorme Andrang am Arzler-Alm- und Hungerburgtrail, dem derzeit einzigen legalen Angebot in Innsbruck, zeuge davon, wie gut solche legalen Strecken angenommen werden und wie sie dabei helfen, die Nutzergruppen zu kanalisieren und Konflikten vorzubeugen. (Steffen Arora, 30.6.2020)