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Wirecard ringt wegen eines Bilanzskandals ums Überleben.

Foto: Reuters / Michael Dalder

Aschheim/Conshohocken – Der wegen eines Bilanzskandals ums Überleben ringende Dax-Konzern Wirecard dürfte schon bald seine US-Tochter verlieren. Wirecard North America stellt sich zum Verkauf, teilte das Unternehmen in der Nacht auf Dienstag mit. Eine Investmentbank koordiniere den Prozess.

Die US-Amerikaner betonen in der Mitteilung ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit von dem angeschlagenen deutschen Konzern. "Wirecard North America ist eine selbsttragende Einheit, die weitgehend autonom von Wirecard ist."

Weiterführung der Geschäfte in Singapur wird geprüft

Wirecard war erst 2016 mit der Übernahme einer Prepaid-Kreditkartenfirma von der Bad Bank der US-Großbank Citigroup in den US-Markt eingestiegen. Sie war früher unter dem Namen Citi Prepaid Card Services bekannt.

In Singapur prüft Wirecard nach Angaben der dortigen Zentralbank, ob die Weiterführung der Geschäfte in dem Land möglich ist. Kreditkartenzahlungen bei Händlern, die die Dienstleistungen von Wirecard in Anspruch genommen hätten, sowie die Nutzung von Prepaid-Karten, die von Wirecard herausgegeben werden, seien betroffen, wenn das Unternehmen den Betrieb in Singapur einstelle, erklärte die Zentralbank. Die Einheiten des Konzerns hätten jedoch sichergestellt, dass Kundengelder auf getrennten Konten bei Banken in Singapur seien.

Geschäfte von britischer Wirecard-Tochter wieder erlaubt

Die britische Finanzaufsicht FCA hat indessen die Beschränkungen für die britische Wirecard-Tochter Wirecard Card Solutions aufgehoben. Man habe sich vergewissert, dass das Unternehmen gewisse Bedingungen erfüllen könne, teilte die FCA am Montagabend mit. "Die Kunden können ab jetzt, oder sehr bald, ihre Karten wieder wie üblich verwenden." Die Behörde hatte der Tochter nach der Insolvenz des Zahlungsabwicklers faktisch den Geschäftsbetrieb untersagt. Die Kunden konnten nicht auf ihr Geld zugreifen.

Wirecard, ein Zahlungsdienstleister, der bargeldlose Geldflüsse zwischen Händlern auf der einen und Banken sowie Kreditkartenfirmen auf der anderen Seite abwickelt, hatte unlängst mutmaßliche Luftbuchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro eingestanden. Daher droht dem Unternehmen, das noch vor nicht allzu langer Zeit als eine der wenigen, wirklich großen Tech-Hoffnungen Deutschlands galt, die Zahlungsunfähigkeit. (APA, 30.6.2020)