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Peter Sidlo war von März bis Dezember 2019 Casinos-Vorstand. Neun Monate, die für viele Beteiligten grobe Konsequenzen hatten – etwa Ermittlungen und U-Ausschuss-Befragungen

Foto: Picturedesk/Reither

Für die Casinos-Ermittlungen und den Ibiza-Ausschuss ist es eine entscheidende Frage: War der freiheitliche Bezirksrat Peter Sidlo qualifiziert genug, um Vorstand der Casinos Austria AG (Casag) zu werden? Um darauf Antworten zu finden, wird auch Sidlos Vergangenheit unter die Lupe genommen.

Zu seinem Geschäftsgebaren finden sich in den Akten nun neue Dokumente, die dem STANDARD vorliegen. Dabei handelt es sich um eine Rechnung der Sigma Invest AG, bei der Sidlo bis zu seiner Bestellung als Casinos-Vorstand im März 2019 gearbeitet hat.

Ausgestellt wurde die Rechnung von einem Gastronomiebetrieb an die Sigma. 16.000 Euro machte eine Feier aus, die am 17. März 2018 organisiert wurde: 960 Euro für einen DJ, viele Cocktails, 29 Flaschen Champagner um 1.931 Euro. Mehrere anwesende Personen, darunter Servicekräfte, sagen dem STANDARD, dass die Veranstaltung eine Geburtstagsfeier für Sidlos Frau war – und als solche auch angekündigt worden ist. Angeblich waren auch mehrere hochrangige FPÖ-Politiker anwesend.

Sidlos Anwalt Markus Ruhri sagt dazu, dass es sich sehr wohl um einen Firmen-Event gehandelt habe. Dieser diente "der Präsentation und Akquisition vor einem Kreis geladener Gäste", die Sidlo als Vorstand der Sigma begrüßt habe.

Auf Geburtstag angestoßen

"Da seine Gattin in zeitlicher Nähe zum Termin Geburtstag feiert, wurde in weiterer Folge auf den Geburtstag angestoßen", so Sidlos Anwalt. Und warum wurde dem STANDARD von Anwesenden gesagt, dass der Event als Geburtstagsfeier präsentiert wurde? "Einigen Gästen gegenüber wurde die Veranstaltung als 'Geburtstagsfeier' angekündigt, um sie auf diese Weise zur Teilnahme zu motivieren. Hintergrund war aber ausschließlich der genannte geschäftliche Zweck", so Sidlos Anwalt.

Der FPÖ-Bezirksrat habe die Kosten daher auch nicht privat übernommen. Auch Spekulationen, dass eine Rechnung an einen der Vereine aus dem FPÖ-Umfeld gelegt wurde, weist der Anwalt von sich.

Die Sigma selbst reagierte auf Anrufe und eine Anfrage per E-Mail nicht. Firmenchef ist Markus Braun (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Wirecard-Chef). Er war selbst in FPÖ-nahen Vereinen aktiv, die von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) untersucht werden. Er ist Obmann des Vereins Austria in Motion, der unter anderem Spenden vom Waffenhersteller Steyr Arms lukrierte. Um Unterstützung sollen der ehemalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und sein Vize Johann Gudenus geworben haben. Ermittler denken, dass die Vereine gegründet wurden, um "finanzielle Zuwendungen für die FPÖ respektive Heinz-Christian Strache zu lukrieren". Das bestreiten die Beteiligten. Geplant war, dass Gudenus' Ehefrau Tajana von Austria in Motion für die Betreuung eines Projekts bezahlt wird, und zwar mit 1.000 Euro pro Monat – dazu kam es nie. Der Verein wollte außerdem eine Studie über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf anhand der Novomatic-Tochter Admiral durchführen – das kam ebenfalls nie zustande.

Blaue Woche im U-Ausschuss

Braun ist außerdem Kassier des Instituts für Sicherheitspolitik (ISP), mit dem die Novomatic kooperiert. Der Investment-Experte ist mit Sidlos Schwester verheiratet, von der FPÖ wurde er in den Stiftungsrat des ORF entsandt.

Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. Sidlo wird am Mittwoch im U-Ausschuss befragt, Braun am Donnerstag. Außerdem geladen: der einstige Novomatic-Sprecher Bernhard K., der einst auch für den Ausschussvorsitzenden Wolfgang Sobotka kommunizierte, sowie der ehemalige Staatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) – beide am Mittwoch; sowie FPÖ-Chef Norbert Hofer und ÖBB-Finanzvorstand Arnold Schiefer am Donnerstag.

Befragt werden Sidlo und Co dort unter anderem vom einstigen Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf, der persönliche Erfahrungen mit seinem Parteikollegen Sidlo hat. So soll ihm Sidlos Vater bei einem Rapid-Match auf die Toilette gefolgt sein, um zu fragen, ob Sidlos Bestellung zum Casinos-Vorstand klappe. Graf sagt zum STANDARD: "Es ist richtig, dass mich ein unbekannter älterer Herr wegen Unterstützung von seinem Sohn Peter Sidlo bei einem Rapid-Match im VIP-Klub angesprochen hat." Er habe keine Zusage gemacht, das Gespräch soll nach sechzig Sekunden beendet worden sein. Sidlos Vater bestreitet diese Darstellung als "ehrenrührig", mit Graf habe er noch nie gesprochen.

Ermittler vermuten, dass der Glücksspielkonzern und Casag-Miteigentümer Novomatic die Bestellung von Sidlo im Rahmen eines größeren Deals mit der FPÖ unterstütze – beispielsweise für Gesetzesänderungen. Das bestreiten die Partei und der Konzern vehement. Die frühzeitige Ablöse des Casinos-Vorstands im März 2019 kostete das Unternehmen, das teils im Staatsbesitz ist, 12,6 Millionen Euro. Nach nur neun Monaten wurde Sidlo abberufen. (Fabian Schmid, Renate Graber, 30.6.2020)