Es ist bedenklich, was derzeit in Favoriten passiert. Polizisten wurden verletzt, ein Journalist gar krankenhausreif geprügelt. Die Ultranationalisten, die auf der Straße randalierten, schrecken nicht vor Gewalt zurück. Insofern sind die deutlichen Worte von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nur zu begrüßen, der einerseits die Türkei und Präsident Tayyip Erdoğan für das unruhestiftende System kritisierte und gleichzeitig ankündigte, die Hintermänner in Österreich auszuforschen, um ähnliche Vorkommnisse in Zukunft zu vermeiden.

Kundgebung von kurdischen und linken Aktivisten in Wien-Favoriten.
Foto: APA/FLORIAN SCHRÖTTER

Was allerdings immer mitschwingt, wenn sich die Bundesregierung besonders um Wien kümmern möchte, ist die Botschaft, dass die rot-grün regierte Stadt ihre Aufgaben nicht erledigt habe. Dabei waren Bürgermeister Michael Ludwig und Vizebürgermeisterin Birgit Hebein sehr klar in ihren Stellungnahmen. Beide verurteilten die Gewalt.

Die Stadtregierung muss dennoch achtgeben, dass man ihr das Thema nicht aus der Hand nimmt und Rot und Grün als Gutmenschenparteien abgeschrieben werden. Zwar blickt die Bundes-ÖVP hoffentlich nicht nur aus wahlkampftaktischen Gründen nach Favoriten, das Thema ist zu ernst für Taktiererei. Eine weitere Gelegenheit, die Stadt schlecht dastehen zu lassen, bieten die Konflikte aber allemal. Schließlich giert die ÖVP nach ehemaligen FPÖ-Wählern. Die sind ansprechbar, wenn es darum geht, in aller Härte gegen die Unruhestifter vorzugehen. (Rosa Winkler-Hermaden, 30.6.2020)