Generell friedfertig, aber eben nicht harmlos: Kühe.

Foto: AFP

Die meisten Internet-Challenges sind eigentlich recht harmlose Späße. Mal versucht man, eine gefüllte Plastikflasche so zu werfen, dass sie aufrecht landet, mal sieht man sich vor laufender Kamera lustige Videos an und versucht, nicht zu lachen. Immer wieder aber taucht eine virale Herausforderung auf, die sehr unangenehme Folgen haben kann.

In der jüngeren Vergangenheit fiel hier etwa die Tidepod-Challenge auf, bei der Nutzer probierten, Kapseln mit Waschmittel zu essen. Ähnlich gestrickt war die Cinnamon-Challenge, bei der es stattdessen um den Verzehr von einem Löffel Zimt ging, was ebenfalls riskanter ist, als man vielleicht annehmen würde. Nun kursiert eine neue Mitmach-Herausforderung, bei der sich Teilnehmer potenziell in Lebensgefahr begeben: Kühe erschrecken.

Keine gute Idee: offensiv auf Kuhherden zulaufen.

#ScaringCowsChallenge

Angefangen hat es eigentlich harmlos, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Unter dem Begriff "Kulikitaka" filmten sich Nutzer dabei, wie sie zum gleichnamigen Song von Tono Rosario tanzten. Die Aktion geriet allerdings in problematisches Fahrwasser, als erste Nutzer dazu übergingen, mit derlei Tanzeinlagen ihre Haustiere zu erschrecken.

Der Schritt auf die Weide lag von dort aus nicht mehr fern. Nun wird, schreiend und optional in Verkleidung, auf Kuhherden zugelaufen, um bei der "Scaring Cow Challenge" dabei zu sein. Der oberösterreichische Landwirt Georg Doppler zeigt sich in einem Instagram-Video von dieser offensichtlich schlechten Idee alles andere als begeistert. "Gehirnamputierte Vollpfosten" schimpft er die Teilnehmer und warnt dabei auch gleich vor den Gefahren, die scheinbar nicht jedem geläufig sind.

Kühe verteidigen ihre Kälber und ihr Review bei Bedrohungen. "Die rennen über euch drüber, so schnell könnt‘s ihr gar nicht schauen", erklärt Doppler. Damit bringt man nicht nur seine eigene Gesundheit in Gefahr, sondern auch das körperliche Wohl anderer Wanderer und der Tiere selbst.

54 Vorfälle in zehn Jahren

Allein in Deutschland gab es 2019 mehr als 7.000 Verletzte und neun Tote im Zusammenhang mit Kühen, zitiert die Süddeutsche Zahlen der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau. In Österreich präsentierte das Kuratorium für alpine Sicherheit Anfang 2019 Zahlen zu Zwischenfällen mit Kühen und Wanderern in Österreich. Dabei zeigte sich, dass es zum Glück selten zu schwerwiegenden Konfrontationen kommt.

In zehn Jahren konnte man 54 solcher Fälle dokumentieren, teils mit und teils ohne Verletzten. Nur zwei Mal gab es Todesopfer. Für größere Diskussionen rund um etwaige Sicherheitsvorkehrungen und Haftungsansprüche sorgte ein tödlicher Kuh-Angriff auf eine deutsche Touristin im Tiroler Pinnistal 2014. Die Frau war mit Hund in der Nähe einer Herde mit Mutterkuh unterwegs und soll dieser dabei zu nahe gekommen sein.

Die Hinterbliebenen der Wanderin zogen vor Gericht. Den Abschluss fand der Fall schließlich im vergangenen Juni vor dem Obersten Gerichtshof, in dem sowohl der Touristin, als auch dem Landwirten Teilschuld attestiert wird. Zwischenzeitlich war es bereits zu gesetzlichen Anpassungen gekommen, in denen unter anderem Verhaltensregeln für Wanderer definiert wurden. (gpi, 01.07.2020)