Ich war gestern von 19 Uhr bis heute 7 Uhr auf Urlaub – in Wien. Meine Freundin und ich haben uns ein Zimmer um 31 Euro in einem Hotel genommen, das 800 Meter von unserer Wohnung entfernt liegt. Wasserrohrbruch, Streit, Trunkenheit und daraus resultierende Orientierungslosigkeit – was war der Grund? Nichts dergleichen. Tatsächlich haben wir beim Self-Check-In per Touchscreen unter "Grund des Aufenthalts" eingetragen: "Freizeit". Wir taten es, weil wir konnten. Möglich gemacht hat den Billig-Urlaub mit Einheimischenrabatt die Corona-Krise.

Laut aktuellen Zahlen von Wien Tourismus gab es zuletzt ein Minus von 97,5 Prozent bei den Nächtigungen in der Hauptstadt. Das veranlasst derzeit gar nicht wenige Wiener Beherbergungsbetriebe, Wienern, die gar keine Bleibe brauchen, höflich eine anzubieten – zu teilweise unfassbar günstigen Konditionen.

Studentenheim für Nachbarn

Foto: The Student Hotel

Einer davon ist The Student Hotel in der Nähe des Pratersterns. Das Haus wurde als Mix aus Studentenwohnheim, Hotel für Budget- und Businesskunden sowie als Co-Working-Space konzipiert und folgt dem Konzept des Schotten Charlie MacGregor, der das erste dieser Art in Amsterdam eröffnete. Der Wiener Ableger hätte mitten im Lockdown aufsperren wollen, konnte aber nicht. Nun kam man dort eben auf die Idee, es zu allererst den Wiener schmackhaft zu machen. Wer in der Stadt wohnt, kann dort auf vorerst unbestimmte Zeit um die erwähnten 31 Euro pro Nacht und Zimmer einchecken.

Aber warum in aller Welt sollte man das tun? Weil es tatsächlich funktioniert, mit dem Betreten eines Hotels, die eigene Stadt, wie man sie zu kennen glaubt, hinter sich zu lassen. An der Bar hocken Niederländer, die die Gunst der Stunde als Städtetouristen ohne Overtourism nutzen, im kleinen Innenhof rauchen Studenten aus aller Herren Länder, die gerade nach Wien übersiedelt sind. Sofort entwickelt sich eine Atmosphäre, die in ein Wien entführt, das sich weiter entfernt anfühlt als 800 Meter vom eigenen Wohnort. Vermutlich gilt das auch für eine Reihe weiterer Häuser, in denen ich bislang noch keinen Wien-Urlaub verbracht habe. Funktioniert mit Buchungscode N31GHBOUR auf thestudenthotel.com

Dachterrassen für jeden Wiener

Foto: Hyatt / Gregor Titze

"Erlebe Deine Hauptstadt" hieß es schon vor Corona in Berlin. Nun werden auch Wiener Hotels den Österreichern schmackhaft gemacht. 40 Häuser, großteils Luxushotels, nehmen teil und bieten ab August Doppelzimmer ab 199 Euro für zwei Personen und zwei Nächte.

Um in den Genuss des "geförderten Luxus" zu kommen, muss man ab 15. Juli über eine spezielle Website buchen. Die Verpflegung ist bewusst ausgespart, um auch Gastronomen in der Umgebung die Möglichkeit zu geben, ihr coronabedingtes Loch im Börserl zu stopfen. Ein Touri-Package ist aber inkludiert. So kommt man ohne Mehrkosten zu einer Schönbrunn-Führung, die ohne Überfüllung sogar Spaß macht, und an besondere Touren: Dompfarrer Toni Faber bietet einen Rundgang in der Dachrinne des Stephansdoms an, ein Schuhmacher führt in sein Lederlager, ein k.u.k. Hofschneider durch das Atelier und das Schwarze Kameel sogar in seinen geheimen Weinkeller.

Die Dachterrassendichte ist unter den teilnehmenden Hotels übrigens sehr hoch. Vermutlich sind auch einige dabei – wie jene des Hotel Andaz am Belvedere auf dem Bild –, die nicht jeder Hauptstädter schon kennt. Buchung ab 15. Juli 2020 unter: Erlebe deine Hauptstadt

Erst wohnen, dann (vielleicht) zahlen

Foto: Kitzig Interior Design GmbH

Im März hatte das neue Hotel Bassena am Prater bereits für wenige Tage offen – dann machte der Lockdown den Betreibern einen Strich durch die Rechnung. Zur Wiedereröffnung zeigt man sich dort großmütig: Potenzielle Gäste sollen einfach vorbeikommen und dort schlafen, sich am nächsten Tag den Bauch am Frühstücksbuffet vollschlagen und erst dann entscheiden, wie viel sie dafür eigentlich bezahlen wollen. Möglich ist das an allen Wochenenden im Juli, reservieren kann man nicht. Info: Bassena Hotel Walk-in

Zimmer mit Konzert

Foto: Zeitgeist / Markus Morawetz

Manche Zweitnutzungen leer stehender Hotels sind so schnell verschwunden, wie sie aufgetaucht sind. Etwa die Séparées im Hotel Sacher, Suiten, in denen man privat dinieren durfte. Noch ein Mal am 18. Juli bietet das Hotel Zeitgeist immerhin seine Fensterkonzerte an. Für 49 Euro kann man aus einem Hotelzimmer ein Konzert im Hof verfolgen. Logische Musikrichtung: Blues. Info: Zeitgeist Fensterkonzerte

Auswärts essen mit Zimmer am Augarten

Foto: Babula / Colin Cyrus

Und was wäre, wenn man als Wiener gar nicht mehr ausziehen will aus einem Wiener Hotel? Im Hotel Babula am Augarten ist das kein Problem, dort werden Wochen- (299 Euro) und Monatsmieten (899 Euro) angeboten. Eine Mahlzeit pro Tag in einem von sechs Restaurants in der Nähe ist sogar inkludiert. Info: Babula Flexible Living

Ordentliche Kühlschränke für Langbleiber

Foto: 25hours / Stephan Lemke

Ein ähnliches Angebot unterbreitet das 25-Hours-Hotel am Wiener Museumquartier für Aufenthalte ab einem Monat. Studenten bezahlen 999 Euro, andere Langbleiber 1550 Euro. Das Haus trägt dafür Sorge, dass ordentliche Kühlschränke im Zimmer stehen und vor dem Hotel Räder und Minis zum Ausleihen. Info: 25hours Long Stay (Sascha Aumüller, 3.7.2020)