Das Geschäftsmodell von Wirecard passt zum Puls der Zeit. Onlineshopping wird immer beliebter. In weiten Teilen der Welt wuchs – zumindest bis vor der Corona-Pandemie – die Mittelschicht, die gerne im Netz einkauft. Daher hat die Nachfrage nach Zahlungslösungen für Shopsysteme stark zugenommen, was wiederum das rasante Wachstum von Wirecard erklärt.

Wirecard wurde zum innovativen Vorzeige-Fintech hochgejubelt.
Foto: imago/Sven Simon

Noch sensationeller ist die Börsenstory: Die Vorgängerfirma Info Genie, die Ratgeber-Hotlines betrieb, notierte seit Oktober 2000 im Neuen Markt. Die Aktie wurde nach Kursverlusten zum Pennystock, die Deutsche Börse konnte das Papier aber wegen einer gerichtlichen Untersagung im April 2002 nicht delisten. Wirecard wurde dann in die Info Genie eingebracht und diese in Wirecard umbenannt. Es folgte die Notierung im Prime Standard, im September 2018 verdrängte dann der Titel die Commerzbank im Leitindex Dax. Vorbei waren die Zeiten als Pennystock, der Kurs erreichte in der Spitze knapp 200 Euro.

Investoren lieben solche Erfolgsgeschichten, Wirecard wurde zum innovativen Vorzeige-Fintech hochgejubelt. Aber: Auch der US-Energiekonzern Enron wurde einst gehypt, bevor ihm die Bilanzfälschung 2001 den Garaus machte. Worldcom machte damals Furore mit der geplanten größten Übernahme, bevor sich alles als Lüge erwies. Was man daraus lernen kann: Gerade die tollsten Erfolgsstorys an der Börse müssen ständig hinterfragt werden. (Bettina Pfluger, 2.7.2020)