Das zunehmende Onlineshopping hat den Bedarf für Zahlungsabwickler erhöht.

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Wirecard macht seit Monaten Schlagzeilen. Das einst als innovativstes Fintech gelobte Unternehmen ist tief gefallen. Doch was genau hat Wirecard eigentlich gemacht? Was macht ein Zahlungsabwickler, und warum braucht es ihn, wo es doch Banken gibt?

Erklären lässt sich das anhand eines Beispiels: Angenommen, ein Kunde kauft im Supermarkt eine Flasche Wein und bezahlt diese mit einer Karte. Im Hintergrund passiert dabei Folgendes: Der Betreiber des Terminals (in der Fachsprache Payment Service Provider genannt, kurz PSP), in das die Karte gesteckt wird, übermittelt die Daten des Kunden an die jeweilige Bank, diese wickelt die Zahlung ab. Das passiert innerhalb von Millisekunden.

Beim Onlineshopping läuft das ähnlich. Geht man im Onlineshop zur Kassa, öffnet sich ein Fenster mit verschiedenen Zahlungsoptionen (Paypal, Kreditkarte, Sofortüberweisung ...) – dieses Fenster ist die Schnittstelle, wo Wirecard ins Spiel kommt. Die Bereitstellung der Bezahlplattform ist vergleichbar mit dem Terminal im stationären Handel und der ursprüngliche Service von Wirecard.

Zahlungen selbst abwickeln

Der Betreiber des Terminals darf das Geld nicht selbst transferieren, dafür braucht es die Bank (Aquirer). Wirecard hat 2006 eine Bank gegründet mit einer deutschen Bankenlizenz. Seither darf der Dienstleister die Zahlungen auch selbst abwickeln und verdient daran. Zudem hat das Unternehmen eigene Kreditkarten ausgegeben. Mit vielen Tochterunternehmen und Kooperationsverträgen ist das Unternehmen global gewachsen, das System wurde komplex.

Anbieter wie Wirecard gibt es viele. Der niederländische Dienstleister Adyen etwa ist hier auch ein großer Player. Es braucht diese Anbieter als Zwischenstelle, "weil Banken und Terminalanbieter das Onlinegeschäft lange Zeit nicht wirklich am Radar hatten", sagt ein Kenner der Branche.

Für Kunden, die Wirecard-Kreditkarten haben, soll sich vorerst nichts ändern. Die Wirecard Bank hat mitgeteilt, dass die deutsche Aufsicht Bafin für die Bank einen Sonderbeauftragten eingesetzt hat. Zudem liegen die Freigabeprozesse für alle Zahlungen der Bank nun ausschließlich innerhalb der Bank und nicht mehr auf Gruppenebene. Mittelabflüsse an die insolvente Wirecard AG und Töchter sind laut Mitteilung der Bank mittlerweile unterbunden.

Für die Bank könnte es dennoch eng werden, weil Kunden sich abwenden. Aldi Süd etwa wickelt Kreditkartenzahlungen seit Anfang Juli nicht über Wirecard ab, sondern über den Anbieter Payone. Die Zusammenarbeit mit der Wirecard-Bank beschränke sich laut dem Diskonter auf das Geschäft mit Aldi-Geschenkkarten. Zuletzt hatte die Allianz mit der Wirecard-Bank gebrochen und die gemeinsam entwickelte Smartphone-App für mobiles Bezahlen vom Markt genommen. (Bettina Pfluger, 3.7.2020)