Mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und FPÖ wurde ein Maßnahmenbündel für bäuerliche Betriebe beschlossen.

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Wien – Der Sozialausschuss des Nationalrats hat am Donnerstag mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und FPÖ ein Maßnahmenbündel für bäuerliche Betriebe beschlossen. Kritik kam von SPÖ und NEOS, sie sehen hier eine ungerechtfertigte Bevorzugung von bäuerlichen Pensionisten gegenüber anderen Gruppen. Außerdem gab es grünes Licht für die Einmalzahlung an Arbeitslose die einmalige Unterstützungsleistung von 360 Euro für jedes Kind.

Solidaritätsbeitrag von Pensionsbeziehern wird gestrichen

Konkret wird beim Entlastungpaket für bäuerliche Betriebe der bisherige Solidaritätsbeitrag in der Höhe von 0,5 Prozent ersatzlos gestrichen. Das heißt, dass alle Pensionen und Pensionssonderzahlungen künftig abzugsfrei zur Auszahlung gelangen. Zudem wird das so genannte "fiktive Ausgedinge" Pensionen in Hinkunft in einem geringeren Umfang als bisher schmälern, da nur noch zehn statt dreizehn Prozent auf die Pensionsleistung angerechnet werden. Die Mindestbeitragsgrundlage im Bereich der Krankenversicherung wird auf 446,81 Euro gesenkt. Bisher lag sie bei 824,51 Euro für Einheitswertbetriebe und 1.549,35 Euro für sogenannte "Optionsbetriebe" ohne steuerliches Einkommen. Auch der SV-Beitragszuschlag von drei Prozent für Optionsbetriebe entfällt.

Verbesserungen gibt es darüber hinaus für Kinder von Landwirten, die hauptberuflich am Hof mitarbeiten. Ihre Pensionsbeitragsgrundlage wird bis zum 27. Lebensjahr von einem Drittel auf die Hälfte der Beitragsgrundlage des Betriebsführers erhöht, wobei der Bund die anfallenden Mehrkosten für die öffentliche Hand zur Gänze übernimmt. Die Kosten des gesamten Pakets belaufen sich auf 27 Mio. Euro.

SPÖ und Neos dagegen, ÖVP, Grüne und FPÖ dafür

Eine "Unverschämtheit" nannte SPÖ-Abgeordneter Alois Stöger das Vorgehen der ÖVP bei diesem Gesetzespaket. Aus seiner Sicht erfolge unter dem Vorwand des Ausgleichs von COVID-19-Folgen eine nicht zu rechtfertigende Bevorzugung einzelner Gruppen, nämlich der bäuerlichen Pensionisten und der Junglandwirten.

Ähnlich scharfe Kritik wie die SPÖ übten auch die NEOS. Ihr Sozialsprecher Gerald Loacker meinte, hier gehe es um eine in vieler Hinsicht bereits privilegierte Kategorie von Pensionisten. Die ÖVP betreibe schlichtweg Klientelpolitik und bevorzuge eine Gruppe in sachlich nicht begründeter Weise.

Norbert Sieber (ÖVP) verwies hingegen auf die insgesamt schwierige Situation der bäuerlichen Betriebe, die durch die COVID-19-Krise noch verschärft worden sei. Seiner Meinung nach sei es beschämend, wenn ausgerechnet die SPÖ gegen eine Maßnahme auftrete, von der vor allem MindestpensionistInnen, die ein Leben lang hart gearbeitet haben, profitieren werden.

In ähnlicher Weise argumentierte auch FPÖ-Mandatar Michael Schnedlitz. Den Schritt mit der COVID-19-Krise zu begründen, sei zwar fragwürdig, das Anliegen, den Bäuerinnen und Bauern zu helfen, trage seine Fraktion aber mit.

30 Millionen für Familienhärtefallfonds

Der Sozialausschuss des Nationalrats hat am Donnerstag außerdem mit den Stimmen der Koalitionsparteien die Einmalzahlung für Arbeitslose in Höhe von 450 Euro sowie die einmalige Unterstützungsleistung von 360 Euro für jedes Kind beschlossen. Zudem werden für Familien in Notlagen über den Familienhärtefonds weitere 30 Mio. Euro bereitgestellt.

Sowohl die Einmalzahlung für Arbeitslose als auch der Kinderbonus werden automatisch ausgezahlt. Die im Begutachtungsverfahren eingebrachte Kritik wurde berücksichtigt und verankert, dass die Einmalzahlung nicht auf die Sozialhilfe anzurechnen wird. Die Opposition lehnte den Entwurf geschlossen ab. Der Kinderbonus würde mit der "Gießkanne" verteilt, damit würden auch Familien profitieren, die das Geld gar nicht brauchen, hob etwa FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch hervor, wie die Parlamentskorrespondenz berichtete. FPÖ und SPÖ halten die Einmalzahlung für Arbeitslose außerdem für unzureichend.

Die Kosten für die Einmalzahlung an Arbeitslose werden gemäß den Erläuterungen zum Gesetzentwurf mit rund 198 Mio. Euro veranschlagt, wobei die Regierung damit rechnet, dass es im Gegenzug zu höheren Konsumausgaben kommt und die Umsatzsteuereinnahmen dadurch um 31 Mio. Euro steigen werden. Zudem könnten durch den zusätzlichen Konsum 3.900 Arbeitsplätze gesichert werden.

1,9 Millionen Kinder sollen profitieren

Der Kinderbonus wird im September – zusätzlich zur regulären Familienbeihilfe und zum Schulstartgeld – ausgezahlt. Davon sollen dem Familienministerium zufolge mehr als 1,9 Millionen Kinder profitieren. Insgesamt rechnet die Regierung mit zusätzlichen Ausgaben von 678 Mio. Euro, wobei die Finanzierung aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds erfolgen soll.

Thema der Ausschusssitzung war auch der jüngste Corona-Cluster in Linz. Sowohl Alois Stöger (SPÖ) als auch Gerald Loacker (NEOS) übten scharfe Kritik an den flächendeckenden Schulschließungen in einigen oberösterreichischen Bezirken, obwohl es etwa in Urfahr insgesamt nur 17 gemeldete COVID-19-Patienten gebe, wie Stöger festhielt. Hier werde Arbeitslosigkeit und Verunsicherung produziert, meinte er und drängte auf "einen evidenzbasierten Umgang" mit dem Coronavirus. Die Schulschließungen seien für Personen, die Betreuungspflichten haben, eine Katastrophe, stimmte ihm auch Gerald Loacker zu.

Verständnis für die Entscheidung der lokalen Behörden zeigte hingegen Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Screenings in Wien hätten gezeigt, dass der Prozentsatz asymptomatischer Fälle sehr hoch sei, eine niedrige Infiziertenrate sage also wenig aus, meinte er. Zudem habe sich das Freikirchen-Cluster auf Schulen und Kindergärten ausgedehnt. In diesem Sinn sei ihm lieber, "man geht etwas breiter vor". Generell kündigte Anschober an, die Teststrategie der Stadt Wien zu übernehmen und verstärkt Testungen in Bereichen mit prekären Arbeits-, Lebens- oder Wohnverhältnissen durchzuführen, auch wenn es noch keine Hinweise auf Infektionen gebe. Auch ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger hält die Schulschließungen für alternativlos, um eine weitere Verbreitung des Virus zu verhindern. (APA, red, 2.7.2020)