Mehr als jeder zweite Studierende beurteilt in der Studierenden-Sozialerhebung 2019 sein Fach als "(eher) schlecht studierbar".

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Wie geht es dir im Studium? Das fragt das Institut für Höhere Studien Österreichs Studierende alle vier Jahre im Auftrag des Wissenschaftsministeriums. Im Vorjahr antworteten 45.000 von rund 300.000 Inskribierten an Unis, Fachhochschulen, Privatunis und Pädagogischen Hochschulen. Vergangene Woche wurden die Ergebnisse der Studierenden-Sozialerhebung 2019 präsentiert.

Für Minister Heinz Faßmann (ÖVP) stellt diese den Hochschulen und -politik "ein gutes Zeugnis" aus. Martin Unger, Autor der Sozialerhebung, sagt: "In einer Reihe von Bereichen gab es Verbesserungen. Auch wenn diese Zahlen relativ klein sind, sind es die größten Veränderungen seit langem." So gaben etwa 22 Prozent der Studierenden an, (sehr) starke finanzielle Schwierigkeiten zu haben – vier Prozentpunkte weniger als 2015. Unger begründet das mit der Erhöhung der Beihilfen und mehr Beziehern sowie einer gestiegenen Erwerbstätigkeit. Gruppen mit höheren Belastungen gebe dennoch, wie Alleinerziehende, Studierende mit Behinderung oder aus Drittstaaten. Wegen der Corona-Pandemie sind die Daten zur finanziellen Lage und zum Job aber weniger aussagekräftig.

Im Vorjahr gaben 65 Prozent der Studierenden an, neben der Uni zu arbeiten, knapp die Hälfte davon geringfügig. Der häufigste Grund: "um sich das Leben zu finanzieren", gefolgt von: "um sich mehr leisten zu können". Letzterer stieg seit der letzten Erhebung.

Erwerbstätigkeit

Wegen Corona ist vielen jedoch das Einkommen weggebrochen. Immerhin zeigen Erhebungen, dass vor allem junge Menschen von den wirtschaftlichen Folgen der Krise betroffen sind – und hier besonders geringfügig beschäftigte Studierende, die in keine staatliche Hilfe fallen, wenn sie ihren Job verloren haben, sagt Unger. Diese seien aber wichtig, denn: "Wenn es um die soziale Situation der Studierenden geht, hängt vieles von der Erwerbstätigkeit ab."

Sie beeinflusst etwa, wie viel Zeit die Studierenden für die Uni haben und wie schnell sie abschließen, wie gestresst sie sich fühlen oder ob sie finanzielle Sorgen haben. 57 Prozent sagten, dass sie wegen Stress Schwierigkeiten im Studium haben, 2015 waren es noch 49 Prozent. Auch psychische Beschwerden wurden häufiger genannt als in der Vergangenheit.

Jeder Zweite unzufrieden

Ebenso nicht in die Studie eingeflossen ist, wie zufrieden die Studierenden mit dem Corona-bedingten Distance-Learning sind. Vor einem Jahr beurteilte mehr als die Hälfte ihr Fach als "(eher) schlecht studierbar". Etwa wegen Mängeln in der Planbarkeit, der Lehre oder beim E-Learning. Am höchsten ist die Unzufriedenheit in der Pädagogenausbildung sowie an öffentlichen Unis, wo laut der Studie Pharmazie am schlechtesten und Medizin am besten studierbar seien. Traditionell zufrieden sind FH- und Privatuni-Studierende. Insgesamt würden sieben von zehn ihr Studium weiterempfehlen.

Die Studienbedingungen hätten sich verbessert, betont Soziologe Unger. "Im vergangenen Jahrzehnt wurde viel in die Infrastruktur, etwa in Labore, und in mehr Personal investiert. Und die Aufnahmeprüfungen senken die Gruppengrößen." Das zeige sich auch darin, dass der Anteil jener, die einen Abschluss in Mindestzeit für möglich halten, im Zeitvergleich gestiegen ist, sagt Unger.

Gerade für jene, die als Erste in ihrer Familie studieren, sind die Faktoren der Studierbarkeit oft wichtig. Weil ein FH-Studium meist planbarer ist, entscheiden sie sich eher dafür statt für die Uni. Deshalb ist an FHs die soziale Durchmischung der Studierenden deutlich höher – auch weil viele über den sogenannten zweiten Bildungsweg an die Hochschule finden, weiß Unger. Rund ein Viertel der Befragten hat erst mehr als zwei Jahre nach der Schule zu studieren begonnen oder kam über eine Studienberechtigungsprüfung oder Abendmatura an die Hochschule.

Nachfrage nach Studienplätzen

Insgesamt haben fast zwei Drittel der Studierenden Eltern ohne Matura. Damit liegt Österreich im internationalen Spitzenfeld. Akademikerkinder sind aber, verglichen mit der Bevölkerung, immer noch überrepräsentiert. Und sie fangen mehr als doppelt so oft ein Studium an als jene aus bildungsferneren Familien.

Corona-bedingt dürfte die Nachfrage nach Studienplätzen steigen, vermutet Unger. Wenn es kaum Jobs für Maturanten gebe, würden viele direkt nach der Schule ein Studium beginnen. Bei der Finanzkrise seien die Anfängerzahlen um elf Prozent gestiegen: "Das hat damals viele Unis überrascht." (Selina Thaler, 4. 7. 2020)