Ein Archivbild regierungskritischen saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi aus 2012.

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Mehr als eineinhalb Jahre nach dem Mord an dem regierungskritischen saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi müssen sich 20 Angeklagte vor einem Gericht in der Türkei verantworten. Alle sind Staatsbürger Saudi-Arabiens, der Prozess findet in ihrer Abwesenheit statt. Die Verhandlung habe Freitag früh in Istanbul begonnen, teilte die Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen mit.

Mitarbeiter warf Ofen an

Die Aussage eines Mitarbeiters im saudiarabischen Konsulat hat das Gericht am Freitag beschäftigt. Weniger als eine Stunde nach Eintreffen Kashoggis in dem Konsulat in Istanbul im Oktober 2018 habe er einen Ofen im Garten anfeuern sollen, sagte dieser zum Auftakt des Istanbuler Mord-Prozesses.

Er sei kurz zuvor ins Konsulat gerufen worden, erklärte der Techniker, ein lokaler Angestellter des Konsulats. "Fünf bis sechs Leute waren da. Sie forderten mich auf, den Tandur anzuzünden", sagte der Botschafts-Mitarbeiter mit Blick auf einen traditionellen Backofen. "Es herrschte Panik". Türkischen Behörden zufolge geht die Polizei unter anderem dem Verdacht nach, dass die Mörder versucht haben, Khashoggis Leiche zu verbrennen.

Der Techniker fügte hinzu, Marmorplatten rund um den Ofen hätten eine andere Farbe gehabt, so als seien sie mit einer Chemikalie gereinigt worden. Khashoggis Leiche wurde bis heute nicht gefunden.

Kronprinz bestreitet Anordnung

Ein Sonderkommando aus Riad hatte Khashoggi am 2. Oktober 2018 im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul brutal getötet, als er Papiere für seine geplante Hochzeit abholen wollte. Sein Leichnam wurde zerstückelt. Die saudische Regierung hat den Mord eingeräumt. Kronprinz bin Salman, der faktische Herrscher in Saudi-Arabien, bestritt aber, die Tötung selbst angeordnet zu haben. Die Uno-Sonderberichterstatterin Agnès Callamard war dagegen zu dem Schluss gekommen, dass es glaubwürdige Hinweise auf eine mögliche persönliche Verantwortung des Kronprinzen gebe.

Hauptbeschuldigte sind nach Angaben der Istanbuler Staatsanwaltschaft zwei ehemalige Berater des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman. Saud bin Abdullah al-Kahtani und Ahmed al-Asiri wird vorgeworfen, die 18 übrigen Angeklagten zu vorsätzlichem Mord unter Folter angestiftet zu haben, wie aus der Anklageschrift hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Für die Verdächtigen seien schon im März 2019 Fahndungsaufrufe über Interpol erlassen worden, heißt es in der Anklageschrift. Ein Gericht in Saudi-Arabien hatte bereits im Dezember fünf Männer im Fall Khashoggi zum Tode verurteilt. Drei weitere Angeklagte erhielten Haftstrafen von insgesamt 24 Jahren. (APA, Reuters, 3.7.2020)