Franz Welser-Möst teil nun aus.

Wesely

Ein alter, quasi vertraglich tiefgefrorener Konflikt meldet sich zurück: Der Dirigent und ehemalige Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper, Franz Welser-Möst, übt Kritik am gerade aus dem Amt geschiedenen Direktor Dominique Meyer. "Die Staatsoper hat international an Relevanz verloren", so Welser-Möst in den "Oberösterreichischen Nachrichten" "Ein Haus muss lebendig sein und pulsieren", argumentierte der Dirigent. "Das zeigt sich unbedingt nicht nur an Auslastungszahlen, die, so wie sie kolportiert worden sind, sowieso nicht gestimmt haben. Es gibt eine Gefälligkeit, die gefährlich ist. Kunst muss auch leidenschaftlich diskutiert werden".

Alte Konflikte

Welser-Möst war 2014 aufgrund von "Auffassungsunterschieden in künstlerischen Belangen" mit Meyer als Generalmusikdirektor zurückgetreten. Einen Nachfolger als Musikchef gab es nicht; Welser-Möst habe dann eine Vereinbarung unterschrieben, wonach er sich bis 1. Juli 2020 nicht zu seiner Zeit an der Staatsoper äußern dürfe, schildert er im Interview.

Wenn ein Haus "auf lange Sicht vom Tourismus lebt, dann wird das gefährlich", meinte der Dirigent unter Hinweis auf die Coronakrise. Faktum ist tatsächlich, dass an die 30 Prozent des Publikums der Wiener Staatsoper Gäste aus dem Ausland sind, was im Herbst auch für den neuen Chef Bogdan Roščić heikle Fragen aufwirft, der mit Philippe Jordan nun wieder einen Musikchef für das Haus am Ring bestellt hat.

Auch bei der künstlerischen Ansicht, "also was szenisch passiert und auch was das Sängerensemble und Engagements anlangt, habe ich die Meinung von Dominique Meyer oft nicht geteilt": Für ihn war es "ein Problem, dass er viele junge, hübsche Sängerinnen engagiert hat, die einfach mit wenig oder gar keiner Erfahrung plötzlich Ensemblemitglied in der Wiener Staatsoper waren. Das ist ja keine Ausbildungsstätte, sondern ein Riesenbetrieb mit rund 50 verschiedenen Opern pro Jahr."

Auch persönlich schwer

Auch persönlich hatte Welser-Möst mit Meyer Probleme: "Ich bin jemand, der sich mit einem Menschen wie Dominique Meyer, der einfach nicht greifbar ist, wahnsinnig schwertut. Ich kann mit sogenannten schwierigen Persönlichkeiten wie Ioan Holender oder Alexander Pereira viel besser als mit jemandem, der mit einem Diplomatenlächeln alles weglächelt."

Dominique Meyer, der nun die Mailänder Scala leitet, will "die Schmutzwäsche der Zusammenarbeit mit Franz Welser-Möst nicht öffentlich waschen". Das betonte der nunmehrige Intendant des italienischen Traditionshauses auf APA-Anfrage zur Kritik seines Ex-Generalmusikdirektors.

Fragen der Frist

"Und auch seine direkten und indirekten persönlichen Angriffe werde ich nicht kommentieren – wiewohl ich mich schon frage, warum der international erfolgreiche Dirigent das nötig hat und was er mit den nachweislich falschen Aussagen bezweckt", meinte Meyer. Außerdem wies er nebenbei darauf hin, dass die vereinbarte Frist, in der sich Welser-Möst nicht zu seiner Staatsopern-Zeit äußern dürfe, eigentlich noch bis zum 5. September laufe. Erheiternd und symptomatisch also auch, dass man sich nicht einmal bezüglich der einst vereinbarten Schweigefrist einig ist. (APA, tos, 5.7.2020)