Vor in den Stein des Mount Rushmore gehauenen Porträts von vier seiner Vorgänger ließ US-Präsident Donald Trump den Unabhängigkeitstag zelebrieren.

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Es war ein Independence Day der etwas anderen Art. Vor der pompös-patriotischen Kulisse des Mount Rushmore wurde weniger die Unabhängigkeit von der Alten Welt zelebriert, sondern mehr die Unabhängigkeit von fiesen Fakten (Covid-19? Was zum Kuckuck haben wir mit Covid-19 am Hut?), die Unabhängigkeit von nationalem Zusammenhalt und von jeder politischen Verantwortung.

Nichts essenziell Neues von Donald Trump also, aber in der Zielgeraden seiner ersten Amtszeit gewinnen seine Winkelzüge fast gespenstische Transparenz. Der Meister des Aufhussens, dem die scharfgestellten Algorithmen der "sozialen Medien" trefflich zugutekommen, lieferte alles, was man von ihm erwartet: ideologisches Spaltmaterial, die Selbststilisierung zum Opfer, rassistische Untertöne, das Ignorieren aller legitimen Protestmotive, die die Amerikaner auf die Straßen treiben, rabiate Haudraufrhetorik. Die traditionelle Kraftnahrung für alle frustrierten weißen Loser also, die in Donald ihren Gott sehen. Der illusionäre Eifer, mit dem manche Protestierer die Vergangenheit eliminieren wollen, indem sie Denkmäler umschmeißen und Bücher aus dem Verkehr ziehen, liefert ihnen einen Empörungsanlass nach dem anderen.

Wer Trump zuhört, könnte den Eindruck gewinnen, dass die Zeit des Homo sapiens vorbei und die von Homo Wehleid und Homo Haudrauf angebrochen ist. Nicht unbedingt die beste Entwicklung. (win, 5.7.2020)