Bildungsminister Heinz Faßmann: "Ich glaube, wir brauchen eine grundlegende Überarbeitung des Maturakonzepts."

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Wien – Die Pressekonferenz von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) zum bildungspolitischen Sorgenkind Mathematikmatura begann mit einer Kritik an seinen Vorgängern. Vor zwei Jahren hatte er mit dem ehemaligen Stadtschulratpräsidenten Kurt Scholz eine "Zuhörtour" gestartet, die eine faire und verständliche Mathematikmatura hervorbringen sollte. Als die türkis-blaue Regierung implodierte und Faßmann das Ministerium verließ, hätten sich – so dessen Wahrnehmung – die Pläne allerdings wieder verlaufen.

Zum Haupttermin der Mathematikmatura im nächsten Jahr solle sich Grundlegendes ändern, kündigte Faßmann an, ohne jedoch dabei ins Detail zu gehen. Konkret soll eine Beratungsgruppe Mathematik eingerichtet werden. Leiten soll diese Michael Eichmair, Professor an der Universität Wien. Von dort kenne ihn Faßmann auch, und "dessen Engagement für die Mathematik" schätze er sehr.

Aus Sicht des Ministers brauche es eine "grundlegende Überarbeitung des Maturakonzepts – auch unter der Berücksichtigung dessen, was die Hochschulen brauchen". Es solle Qualitätskriterien für den anspruchsvolleren Teil zwei der Mathematikmatura-Aufgaben geben und eine Schulung für jene, die die Aufgaben erstellen. Es brauche eine gewisse Balance bei den Routineaufgaben im ersten Teil, wo es auch noch Luft nach oben gebe.

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Eigentlich sei der Sinn der Zentralmatura gewesen, einen "möglichst großen Gleichklang" bei den Abschlussprüfungen zwischen den Gymnasien (AHS) und den berufsbildenden Schulen (BHS) herzustellen. Bei der Mathematik könne Faßmann das nicht erkennen. Während sich die Mathematikmatura in den BHS an der berufspraktischen Realität orientiere, sei dies in der AHS zu allgemein gefasst. Dieses fehlende Ziel der AHS wirke sich auf die Ergebnisse aus, aber auch auf die Beispiele – nach dem Motto: "Wer kann es denn noch gefinkelter machen", sagte Faßmann.

Die angewandte Mathematik in der BHS sei "stabiler und einheitlicher". Sie stelle zwar auch eine Herausforderung dar, "aber offensichtlich in einem wesentlich geringeren Ausmaß an Wechselhaftigkeit als in der AHS", erklärte Faßmann. Während in der AHS 6,9 Prozent der Maturantinnen und Maturanten ein Sehr gut erreichten, waren es in der BHS 13 Prozent. Bei den Nicht genügend haben die AHS die Nase vorne (21,4 Prozent zu 14,9 Prozent)

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Es gehe laut Faßmann nicht um eine "Verbilligung" der Mathematikmatura. Mathe sei ein wichtiges Fach, das wie kein anderes das logische und abstrakte Denken fördere. Der Eintritt in die Hochschule solle aber ohne Vorbereitungskurse möglich sein. Er wolle die mathematischen Grundkompetenzen stärken. Gute Schüler sollen die Chance auf ein Gut in ihrem Zeugnis haben, und bemühte Schüler eine auf ein Genügend, meinte der Minister.

Deutlich weniger Sorge bereiten Faßmann die Maturaergebnisse in den Fächern Deutsch und Englisch. Hier gebe es über Jahre hinweg ähnliche Ergebnisse. In Deutsch schafften in der AHS 23,1 Prozent ein Sehr gut, in der BHS 16,8 Prozent. Die Nicht genügend blieben mit 5,9 Prozent (AHS) und 6,5 Prozent (BHS) relativ überschaubar. In Englisch schrieben 28,7 Prozent der Gymnasiasten einen Einser und 7,2 Prozent einen Fünfer. In den Berufsschulen erreichten im Vergleich dazu 23,7 Prozent ein Sehr gut und 10,1 Prozent ein Nicht genügend.

Über alle Fächer hinweg zeigt sich: Nach Einberechnung der Jahresnoten und den Kompensationsprüfungen bleiben kaum Fünfer übrig – es haben also wie immer fast alle Schüler die schriftliche Matura geschafft. Das war auch in den vergangenen Jahren schon so. In Deutsch haben nur 0,4 Prozent (AHS und BHS) der Schüler einen Fünfer stehen und müssen daher noch einmal in diesem Fach antreten. In Englisch sind es 0,7 (AHS) bzw. 0,6 Prozent (BHS), in Mathematik 2,5 Prozent (AHS) bzw. 1,3 Prozent (BHS). (jan, APA, 6.7.2020)